VON WOLFGANG MULKE
Die Eisenbahnergewerkschaft EVG hat sich bei diesen Tarifverhandlungen verzockt. Statt einer Einigung nach zähem Ringen sieht sie sich zu Streiks in den Sommerferien gezwungen. Denn anscheinend haben die Arbeitgeber das obere Ende ihres Verhandlungsspielraums erreicht. Die EVG hat mit ihrer Forderung nach einem hohen Mindestbetrag von 650 Euro mehr für jeden hohe Erwartungen geweckt und dabei auch ihre Standhaftigkeit betont. So will sie auch den Vorwurf der schnellen Gefügigkeit abstreifen. Nun wollen ihre Mitglieder auch Erfolge dieser Strategie sehen. Doch die lassen womöglich noch viele Wochen auf sich warten.
Dabei ist die Forderung nach deutlichen Lohnaufschlägen berechtigt. Das sieht das bisher erzielte Verhandlungsergebnis aber durchaus vor. Die neuerliche Eskalation ist daher auch ein Machtspiel, bei dem es um die Legitimation in den eigenen Reihen wie im Konkurrenzkampf zur Lokführergewerkschaft GDL geht. Allerdings: Auch für die finanziell angeschlagene Deutsche Bahn ist das Scheitern kein Ruhmesblatt. Die Arbeitgeber haben durch ihre nur zögerlich eingeräumten Zugeständnisse zu diesem kalendarisch denkbar ungünstigen Zeitpunkt für einen Arbeitskampf beigetragen. Er kann für das Unternehmen noch sehr teuer werden. Traurig, dass dieser Arbeitskampf wohl auf dem Rücken der Reisenden ausgetragen wird.
Beide Seiten müssen sich nun fragen, ob sie noch Wege zu einer Lösung finden können, womöglich mit Hilfe von Schlichtern. Millionen Reisende wären dankbar dafür.
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