München/Berlin – Wer am Samstagvormittag bei der ARD reinschaute, für den schien die Welt in Ordnung. Zwei Folgen „Panda, Gorilla & Co.“ aus den Berliner Zoos konnte man hier verfolgen – ein tierisches Vergnügen. Wer rüber zu Welt TV zappte, bekam dann mit, dass es außerhalb der Tierparks nicht ganz so vergnüglich zuging: Angesichts der Entwicklungen in Russland hatte der Sender sein Programm schnell umgestellt und strahlte seit 6.30 Uhr bis in den späten Abend eine Sondersendung aus.
Viele Fernsehzuschauer fragten sich: Warum nicht auch die ARD? „Kann es wahr sein, dass ARD und ZDF diesen Moment verschlafen?“, fragte der „Zeit“-Journalist Gero von Randow auf Twitter. Die ARD reagierte tatsächlich erst nachmittags, mit einer Sonderausgabe der „Tagesschau“, brachte dann am Abend einen „Brennpunkt“ zum Thema. Dass das Interesse groß war, zeigt die Quote: 5,42 Millionen verfolten ab 20.15 Uhr die Lage in Russland in der ARD, Höchstwert an diesem Abend. Auf eine Anfrage, wieso es mit der Berichterstattung so lange brauchte, gab es von der ARD gestern bis Redaktionsschluss keine Antwort.
Die Kritik gegenüber dem ZDF sei unbegründet, heißt es beim Mainzer Sender. Man habe die aktuellen Entwicklungen in Russland von Beginn an kontinuierlich abgebildet, mit Schaltgesprächen zu ZDF-Korrespondenten in Russland, den USA und Berlin. „Im ,heute journal update‘ wurde bereits am Freitag über die Situation berichtet, am Samstag wurden mehrere Regelsendungen verlängert und Sondersendungen ins Programm genommen“, betont ein Sprecher. Neben der umfangreichen Berichterstattung auf ZDFheute habe man am Samstag neben den regulären Nachrichtensendungen „ZDFspezial“ um 14.10 und um 17.50 Uhr ausgestrahlt. In der Halbzeitpause des Fußball-Länderspiels um 19 Uhr gab es Nachrichten, ZDFheute live streamte ab 19.15 Uhr, im Anschluss an das Spiel lief ein „heute journal spezial“ um 20.15 Uhr. Dass im Anschluss „Das große Deutschland-Quiz“ lief, begründet der Sender mit dem gesamtgesellschaftlichen Auftrag: „Das ZDF muss als nationales Vollprogramm allen Menschen ein Angebot machen.“ Dazu gehörte beispielsweise vormittags auch ein Angebot für Kinder.
Für Kritiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks indes war die Berichterstattung ein gefundenes Fressen. Rufe danach, ARD und ZDF für einen echten gemeinsamen Nachrichtenkanal zusammenzulegen, wurden laut. Tatsächlich gibt es aber bereits den von ARD und ZDF gemeinsam betriebenen Ereigniskanal Phoenix und das ARD-Angebot Tagesschau24. Diese berichteten umfassend über die Lage in Russland.
KATJA KRAFT