Das absurde Putsch-Theater vom Wochenende bekam am Tag danach seine würdige Fortsetzung: Wladimir Putin lobte beim Jugendforum „Ingenieure der Zukunft“ die „stabile“ Arbeit der russischen Industrie – ganz so, als wären nicht eben noch Söldner-Panzer über die russischen Autobahnen Richtung Moskau gerollt, ganz so, als wäre die Atommacht nicht 48 Stunden lang am Abgrund eines Bürgerkriegs gestanden. Diese Inszenierung von Normalität lässt erahnen, was wirklich los ist hinter den Kreml-Mauern: Ein Machtkampf, an dessen Ende nicht nur im übertragenen Sinne Köpfe rollen könnten.
All denjenigen im Westen, die schon gehofft hatten, Wladimir Putin loszuwerden, dürfte nach diesem nervenaufreibenden Wochenende klar geworden sein: Einen Machtwechsel zu einem verantwortungsbewussten Demokraten vom Typ Gorbatschow wird es nach Putin sicher nicht geben. Die demokratische Opposition Russlands sitzt im Exil oder im Gefängnis. Putin hat ein allein auf ihn zugeschnittenes, mafiöses System geschaffen, in dem ein friedlicher Stabwechsel nicht vorgesehen ist. Nicht das russische Volk, sondern Intrigen und Gewalt werden über die Herrschaft in Moskau entscheiden. Der Ausgang dieses „Game of Thrones“ auf Russisch ist völlig offen. Umso wichtiger ist, dass der Westen die Ukraine als Brandmauer gegen diese wohl noch lange unberechenbare Ex-Supermacht weiter unterstützt.
Klaus.Rimpel@ovb.net