VON CLAUDIA MÖLLERS
Die Dramaturgie hätte nicht plakativer sein können: Am Tag, nach dem Staatsanwaltschaft und Polizei die Erzbischöfliche Residenz in Köln nach Belegen für mutmaßlichen Meineid durch Kardinal Rainer Maria Woelki durchsuchten, werden desaströse Austrittszahlen aus der katholischen Kirche in Deutschland bekannt. Über eine halbe Million Katholikinnen und Katholiken haben 2022 ihre Kirchenmitgliedschaft gekündigt.
Natürlich ist nicht nur Kardinal Woelki, sein Kleben am Amt, seine unerschütterliche Ignoranz gegenüber den beschämenden Tatsachen und Folgen des Missbrauchs, für die Austrittswelle verantwortlich. Seit die Missbrauchstaten in deutschen Bistümern 2010 bekannt wurden, haben es die Bischöfe nicht geschafft, aus ihrer Erschütterung überzeugende Konsequenzen zu ziehen. Gewiss, Diözesen haben Frauen in verantwortliche (Verwaltungs-)Positionen gebracht, es wurden gute Präventionsmodelle entwickelt – und es wurde der „Synodale Weg“ eingeschlagen. Doch vieles dauert unendlich lange und versandet in Rom, wo sich der Papst, der als Hoffnungsträger gestartet war, als Bremser erwiesen hat.
Die Flucht aus der Kirche wird die Bischöfe nur kurz erschüttern. Längst arbeiten sie mit Hochdruck daran, wie ihre Bistümer mit weniger Geld auskommen können – statt mit allen Mitteln Männer und Frauen (!) in Pfarreien und Ordinariaten dafür einzusetzen, Menschen zu zeigen, wofür es sich zu leben und zu glauben lohnt. Der Schutz der Institution steht noch immer an erster Stelle.
Claudia.Moellers@ovb.net