VON GEORG ANASTASIADIS
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther – CSU-Spitzname „Genosse Günther“ – hat eine gute Gelegenheit verpasst, auch mal die Klappe zu halten. Die CDU werde „derzeit nicht als ausreichend bessere Alternative zur Ampel wahrgenommen“, stänkert er vor der gemeinsamen Münchner Präsidiumssitzung von CDU und CSU gegen die Berliner Parteispitze. Das stimmt. Aber indem er aus Kiel lustvoll und kampagnenartig die Richtungs- und Personaldebatte in der Union befeuert, sorgt Günther selbst gewiss nicht dafür, dass die Wähler in Scharen zur Union zurückkehren. Das klappte schon vor der Bundestagswahl zwischen Armin Laschet und Markus Söder nur mittelgut.
Ist die CDU lernresistent? Das Letzte, was die Bürger jetzt von der Union wollen, ist ein neues Sommertheater. Eher stellt sich die Frage, für wie dumm Günther die Wählerinnen und Wähler eigentlich hält, wenn er mit dem alten Hut um die Ecke kommt, die Union müsse ihre Politik „besser erklären“ (und das mit dem Rat garniert, notfalls müsse die CDU in den neuen Ländern auch mit der Linkspartei koalieren). Nein: Die Leute sind nicht so begriffsstutzig, wie der Kieler Regierungschef glaubt. Sie haben sehr genau verstanden, dass in der Union die einen hü und die anderen hott rufen und jeder in eine andere Richtung zieht. Schon zwei Jahre vor der Wahl mit der Demontage des Parteichefs und Oppositionsführers zu beginnen, ist der sicherste Weg, bei der nächsten Wahl erneut erfolglos zu bleiben, ganz egal, ob der Kanzlerkandidat am Ende (wie von Günther gewünscht) Hendrik Wüst heißt oder Friedrich Merz. Oder ob, weil zwei sich streiten, zuletzt doch noch CSU-Chef Markus Söder als Kompromisskandidat das Rennen macht.
Georg.Anastasiadis@ovb.net