Ein Nebensatz wirkt für den Geheimdienst wie ein Erdbeben. Beiläufig lässt Olaf Scholz in einem TV-Interview fallen, dass der Bundesnachrichtendienst nichts vom Putschversuch in Russland ahnte, andere Dienste vielleicht schon. Und dass das nun „alle gemeinsam zu besprechen haben“. Daraus und aus weiteren Andeutungen lässt sich schließen: Der Kanzler und seine Regierung sind sauer und fühlen sich mangelhaft informiert.
Der Vorwurf ist nicht neu, mehrere Abgeordnete deuten an, dass sich Einschätzungen und Prognosen des BND aus den geheimen Unterrichtungen zum russischen Angriffskrieg Wochen später als ungenau herausstellten. Rückblickend ist gern Besserwisserei dabei und die Lage hochvolatil; ein Krieg eben. Dennoch braut sich da etwas zusammen über der geheimsten Behörde der Republik.
Nötig dazu ist ein Blick auf Scholz’ Aufgabe. Den Dienst so aufzustellen, dass er perfekt funktioniert, dass er leise, aber effizient Informationen liefert, obliegt niemandem außer dem Kanzleramt selbst. Auch über den inhaltlichen Fokus des Auslandsgeheimdienstes entscheidet in letzter Instanz die Politik. Offenbar, das ahnte man schon nach den Überraschungen in Afghanistan, gibt es Verbesserungsbedarf. Den BND als Regierungschef öffentlich bloßzustellen, ist dafür allerdings nicht hilfreich.
Christian.Deutschlaender@ovb.net