Wir zahlen, die anderen prassen? Oder ist der Länderfinanzausgleich fair, solidarisch und Kritik daran nur billige Stimmungsmache? In diesen Tagen reicht Bayern jedenfalls die Klage gegen den milliardenschweren Ausgleich in Karlsruhe ein. Ziel ist, die Belastung von aktuell zehn Milliarden Euro pro Jahr zu senken. Finanzminister Albert Füracker (CSU) lässt die Klage vorbereiten. Und ist überzeugt von einem juristischen Erfolg.
Klären Sie uns bitte auf: Sie kämpfen gerade gegen den Finanzausgleich, den Markus Söder als Finanzminister selbst aushandelte und als großen Erfolg feierte. Klagt jetzt Söder gegen Söder?
Nein. Die Neuregelung damals hat ja wirklich eine Entlastung für Bayern gebracht. Aber seither wächst das Missverhältnis zwischen Zahlern und Nehmern noch massiver auseinander.
Reden Sie halt intensiver mit den anderen Ländern. Geht da nix?
Ich habe es mehrfach versucht. Die Konstellation ist ja klar: Vier Länder zahlen ein, der Rest kassiert Geld. Da finde ich keine Mehrheit, um ein System zu verändern.
Glauben Sie wirklich, dass die Verfassungsrichter sich gegen diesen vermeintlichen bundesdeutschen Comment stellen?
Wir haben klare Argumente. 18 Milliarden Euro Ausgleichsvolumen pro Jahr, davon zahlen rund zehn Milliarden wir – natürlich ist das unverhältnismäßig. Und auch innerhalb des Systems gibt es grobe Verzerrungen. Beispiel Grunderwerbsteuer…
…jetzt wird’s kompliziert!
Ja – aber es geht allein dabei für Bayern um mehr als eine halbe Milliarde Euro. Hier zählt für den Länderfinanzausgleich eine fiktive Höhe. Bayern erhebt eine viel niedrigere Grunderwerbsteuer als die anderen Länder, um die Bürger beim Immobilienkauf zu entlasten. Beim Finanzausgleich werden wir aber so zur Kasse gebeten, als hätten wir einen viel höheren Steuersatz, nämlich den Durchschnitt aller Länder. Also: Wer Steuern senkt, wird bestraft. Diese Systematik mag ich nicht mehr hinnehmen. Das hat mit föderalem Wettbewerb nichts mehr zu tun.
Werden Sie die Klage gewinnen – oder wollen Sie auf diesem Weg Verhandlungen erzwingen?
Ich bin überzeugt, dass das Verfassungsgericht das Gesetz in dieser Form aufheben wird.
Was konkret leisten sich andere Länder, wofür Sie keine Kohle haben?
Wir hören zum Beispiel in Berlin von kostenfreien Kitas, hochsubventionierten Bahntickets und kostenlosen Konzerten. Das passt nicht zu einem Ausgleich, der strukturelle Ungleichheiten der Länder so ausgleichen soll, dass alle Länder ihre Pflichtaufgaben erledigen können.
Sie seien unsolidarisch, maunzen andere Länder. Bayern sei doch selbst hochgepäppelt worden.
Wir waren bis in die 80er Empfängerland, stimmt. 3,4 Milliarden Euro haben wir erhalten, aber seither über 108 Milliarden eingezahlt. 15 Prozent des bayerischen Haushaltes muss ich den anderen Ländern schenken. Ist das unsolidarisch?
Kritiker werfen Ihnen vor, vor der Bayernwahl ein rechtes Spektakel zu veranstalten: Sie klagen gegen den Finanzausgleich, die Erbschaftsteuer und das Ampel-Wahlgesetz…
Falsch. Es gibt für jede Klage und für den Zeitpunkt sehr gute Gründe. Bei der Erbschaftsteuer kämpfen wir seit Jahren für höhere Freibeträge. Die Lage ist völlig absurd: 2009 sind Freibeträge festgezurrt worden, die seither unverändert sind, während die Immobilienwerte in Bayern extrem stark steigen und die Bewertungsregeln für Gebäude strenger gefasst werden. Bundesfinanzminister Lindner behauptet, er sehe das Problem – aber unternimmt nichts. Wenn ich jetzt nicht klage – wann dann?
Sie wollen die Erbschaftsteuer regionalisieren. Verstehen Sie das Argument, dass dann bundesweit ein ruinöser Steuerwettbewerb anfangen dürfte?
Nein. Gewissen Wettbewerb muss man aushalten. Ich fordere ja nicht, die Erbschaftsteuer ganz abzuschaffen. Aber sie darf nicht Normalbürger, die ein Haus erben und von der Steuer erschlagen werden, zum Verkauf zwingen. Bisher ist das Gesetz blind dafür, dass ich in der Uckermark andere Immobilienwerte habe als im südlichen Oberbayern.
Interview: Georg Anastasiadis und Christian Deutschländer