Die Union sortiert ihre Gegner

von Redaktion

VON SEBASTIAN HORSCH

München – Am Vorabend wurde gegrillt, direkt vor der gemeinsamen Präsidiumssitzung gab es dann noch Weißwürste. Hunger musste also niemand leiden, als die Spitzen von CDU und CSU am Freitag in München ihre gemeinsame „Agenda für Deutschland“ absegneten. Darin gesammelt sind Forderungen, die den „bürgerlichen Alleinvertretungsanspruch“ der Union belegen sollen. Eigentumssicherheit fürs Elternhaus, Klimaschutz statt Klima-Kleber oder Fußfesseln für Frauenschläger sind der Stoff, aus dem Erfolge gemacht werden sollen – zunächst am 8. Oktober bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen, und dann natürlich 2025, wenn es wieder um die Macht im Bund geht.

Dass man „Agenda für Deutschland“ auch praktisch mit „AfD“ abkürzen könnte, mag dabei ein zufälliges Detail sein – möglicherweise hat hier aber auch das Unterbewusstsein eine Rolle gespielt. Denn selbst wenn die rechte Partei im Papier nicht mit einem Wort erwähnt wird, sind die AfD und ihre zunehmende Stärke derzeit natürlich dauerpräsent in den Köpfen der Unionsstrategen. Das beginnt schon mit der Frage, gegen wen man eigentlich politisch kämpft.

Nachdem CDU-Chef Friedrich Merz zuletzt die Grünen zum Hauptgegner der Union ernannt hat, kam aus der eigenen Parteispitze prompt Widerspruch. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung distanzierte sich am Freitag. „Natürlich ist unser ideologischer Hauptgegner die AfD“, sagte Jung im SWR. Zuvor hatten bereits die beiden CDU-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (NRW) und Daniel Günther (Schleswig-Holstein) klargemacht, dass sie das ähnlich sehen. Dass Wüst für seinen Angriff mit einem Gastbeitrag in der „FAZ“ auch noch den gleichen Weg wählte, auf dem einst Angela Merkel den alternden Helmut Kohl herausforderte, dürfte Merz’ Laune nicht gerade verbessert haben. Zumal Wüst in einer neuen ZDF-Umfrage nach den größten Erfolgsaussichten bei einer Unionskanzlerkandidatur gemeinsam mit CSU-Chef Markus Söder mit jeweils 22 Prozent deutlich vor seinem Parteichef (16 Prozent) liegt. Kurz gesagt: Intern brennt die Hütte.

Am Freitag bemühen sich die Parteichefs dennoch, den Schlamassel gelassen lächelnd aufzulösen. Merz versucht es mit einer Erklärung wie aus dem politikwissenschaftlichen Proseminar. Die AfD, das sei ein „Feind unserer Demokratie“ insgesamt, erklärt der CDU-Chef. Innerhalb des verfassungsmäßigen Spektrums seien aber wiederum die Ampel-Parteien die Gegner der Union. Und von diesen seien die Grünen der Hauptgegner, weil deren Politik dazu beitrage, „dass dieses Land mitten in einer Deindustrialisierung steckt“.

Söder geht die Sache etwas weniger akademisch an: „Wir nehmen die AfD sehr, sehr ernst“, stellt er klar. Doch auch die Grünen hätten sich verändert, sagt er, wie man über jemanden spricht, den man früher mal besser verstanden hat. Die Ökopartei sei inzwischen „viel ideologischer, als sie es je war“. Gleichzeitig seien es die Grünen, die in der Ampel-Regierung in Berlin die „ideologische Richtung“ vorgeben.

Auch über genau diese Ampel-Politik – so wünscht es sich die Union – soll im Oktober bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern abgestimmt werden. Söder spricht mit Blick auf den Herbst von der „Halbzeit der Ampel“. Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) von „echten Midterms“, also Wahlen zur Hälfte der Wahlperiode. Die beiden Abstimmungen hätten somit über Bayern und Hessen hinaus Bedeutung für Deutschland insgesamt. Zur Wahl stünden dann „Kurs oder Chaos“, „Stabilität oder Streit“. Welche Seite dabei dann die Union einnimmt, scheint zumindest für Rhein keine Frage zu sein.

Wüst liegt in einer neuen Umfrage deutlich vor Merz

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