Klingbeil-Vorstoß

Mindestlohn statt Gender-Debatten

von Redaktion

VON SEBASTIAN HORSCH

Gerade scheint der Zwist ums Heizgesetz halbwegs beigelegt, da tut sich schon der nächste Ampel-Streit auf. Die SPD will den umstrittenen Beschluss der Mindestlohnkommission auf eine Untergrenze von 12,41 Euro nicht akzeptieren. Stolze 14 Euro erklärt Parteichef Lars Klingbeil stattdessen zum Ziel. Mit der FDP, die traditionell auf die Wirtschaft schaut, kaum zu machen.

In dieser Frage sind die Sympathien natürlich schnell verteilt. Alles wird teurer, also brauchen auch alle mehr Geld – und das gibt‘s von der SPD. Dass der Staat allerdings viel falsch machen kann, wenn er sich einmischt, wird leicht übersehen. Ein zu hoher Mindestlohn bedeutet ja nicht nur höhere Gehälter am unteren Ende, er hat auch höhere Preise für alle zur Folge, weil die Kosten für Dienstleistungen steigen – und das in Inflationszeiten. Auch kann ein zu hoher Mindestlohn junge Menschen von der Ausbildung fernhalten, da sie auch in ungelernten Jobs gut verdienen können. Gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel kann das zum Problem werden.

Doch selbst wenn die Sache also nicht so einfach ist, ist Klingbeils Vorstoß politisch klug. Genau hier, bei den Themen der sprichwörtlichen kleinen Leute, haben die Sozialdemokraten in der Vergangenheit Boden verloren – auch an die AfD. Genau hier, kann die SPD aber auch wieder Wähler zurückholen, wenn sie sich glaubhaft für deren Interessen einsetzt. Dass das mit abgehobenen Gender- und Gesellschafts-Debatten kaum gelingt, hat Klingbeil wohl besser verstanden als andere in seiner Partei.

Sebastian.Horsch@ovb.net

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