Kopfgeld auf acht Aktivisten

von Redaktion

VON SVEN HAUBERG

München/Hongkong – Die Regierung von Hongkong geht weiter gegen führende Mitglieder der Demokratiebewegung vor. Am Montag setzte die Polizei der von China kontrollierten Metropole eine Belohnung von jeweils einer Million Hongkong-Dollar (117 000 Euro) auf Hinweise aus, die zur Verhaftung von acht prominenten Aktivisten führen, die sich derzeit im Ausland aufhalten.

Es ist das erste Mal seit Inkrafttreten des sogenannten Nationalen Sicherheitsgesetzes im Juni 2020, dass Hongkong ein Kopfgeld auf Oppositionelle ausschreibt. Das Gesetz, das die Zentralregierung in Peking als Reaktion auf die Demokratieproteste der Jahre 2019 und 2020 erlassen hatte, stellt Abspaltung, Subversion, Terrorismus sowie die Zusammenarbeit mit ausländischen Mächten unter Strafe.

Seitdem hat die chinesische Zentralregierung die Kontrolle über die einstige britische Kronkolonie massiv verstärkt und die Grundrechte der Bevölkerung weitgehend abgeschafft. Erst Ende vergangener Woche stellte ein pro-demokratischer Radiosender nach fast 20 Jahren seinen Sendebetrieb ein – der Gründer und Aktivist Tsang Kin-shing sprach von einer „gefährlichen“ politischen Situation in der Stadt.

Einer der Aktivisten, auf deren Ergreifung nun eine Belohnung ausgesetzt wurde, ist Finn Lau. „Dass die Kommunistische Partei Chinas ein solches Kopfgeld auf mich ausgesetzt hat, ist eine Ehre“, sagte Lau unserer Zeitung. Er wolle sich weiterhin für Demokratie und Menschenrechte einsetzen und dafür, dass westliche Staaten ihre Abhängigkeiten von China reduzieren.

Neben Lau stehen die ehemaligen Abgeordneten Nathan Law, Dennis Kwok und Ted Hui, der Gewerkschafter Mung Siu-tat, der Anwalt Kevin Yam sowie die Aktivistin Anna Kwok und der Aktivist Elmer Yuan auf der Liste der Hongkonger Polizei.

„Das Kopfgeld spiegelt die Frustration der Regierung von Hongkong wider, die nun zu allen Mitteln jenseits der Justiz greift, um die Sache zu erledigen“, sagte Lau, der im Exil in London lebt. Der Aktivist fürchtet um seine eigene Sicherheit und die seiner Mitstreiter, gibt sich aber dennoch kämpferisch: „Das Risiko einer Entführung oder eines körperlichen Angriffs wird sicherlich zunehmen, aber das wird die Demokratiebewegung in Hongkong nicht aufhalten.“ Lau verweist zudem darauf, dass mehrere westliche Länder wie Großbritannien und Deutschland ihre Auslieferungsabkommen mit Hongkong ausgesetzt hätten.

Der britische Außenminister James Cleverly erklärte, seine Regierung werde „keine Versuche Chinas dulden, Einzelpersonen im Vereinigten Königreich und in Übersee einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen“. Peking wiederum griff das Königreich mit scharfen Worten an. „Britische Politiker haben Flüchtigen offen Schutz angeboten“, erklärte ein Sprecher der chinesischen Botschaft in London. Dies sei „eine grobe Einmischung in Hongkongs Rechtsstaat und Chinas innere Angelegenheiten“.

Unter dem sogenannten Sicherheitsgesetz wurden in Hongkong bislang 260 Menschen verhaftet, 79 von ihnen wurden zu Haft- oder Geldstrafen verurteilt, wie die Polizei der Stadt mitteilte. Den acht Aktivisten, auf die nun ein Kopfgeld ausgesetzt wurde, wirft die Polizei der Sieben-Millionen-Einwohner-Metropole vor, mit ausländischen Kräften zusammenzuarbeiten, für die Unabhängigkeit Hongkongs von China einzutreten und im Ausland für Sanktionen gegen Regierungsbeamte aus Hongkong zu werben.

Er sei sich bewusst, dass seine Behörden keine Möglichkeit hätten, die Gesuchten festzunehmen, sagte Steve Li von der Hongkonger Polizei. „Wenn sie nicht zurückkehren, können wir sie nicht verhaften, das ist eine Tatsache“, so Li am Montag. „Aber wir werden nicht aufhören, sie zu suchen.“ Auch Hongkongs Regierungschef John Lee gab sich unversöhnlich:„Die einzige Möglichkeit, ihr Schicksal als lebenslang verfolgter Flüchtling zu beenden, besteht darin, sich zu ergeben.“

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