München – Goldbarren, Maschinengewehre, Rubelbündel und ein Schrank voller Perücken – verteilt in einer Villa mit Whirlpool, Sauna, Flügel und Hubschrauber-Landeplatz. Die Bilder der Durchsuchung von Jewgenij Prigoschins Villa in Sankt Petersburg kursieren derzeit im Netz; mehrere staatliche und private Medien in Russland haben die Fotos aus der Residenz des Wagner-Chefs am Mittwochabend veröffentlicht. Ob die Fotos wirklich von einer Durchsuchung stammen und ob sie echt sind, ist aber noch unklar.
Laut der russischen Online-Zeitung „Fontanka“ haben Strafverfolgungsbehörden die Fotos bei einer Durchsuchung am 24. Juni aufgenommen. Demnach sei in dem Haus auch ein Foto mit abgetrennten Köpfen gefunden worden sowie ein Vorschlaghammer mit dem Schriftzug „Bei wichtigen Verhandlungen“. Der Vorschlaghammer ist eines der Symbole der Wagner-Gruppe. Die Truppe erklärt, diese Waffe zu benutzen, um ihre Feinde hinzurichten oder zu foltern. Gleichzeitig sind auch Fotos bei der Messenger-App Telegram aufgetaucht, die Prigoschin in Maskierungen, etwa mit verschiedenen Perücken, zeigen sollen.
Der Aufstand der Wagner-Söldner am 24. Juni war ein Rückschlag für die russische Führung. Mehrere Stunden lang hatten Wagner-Kämpfer ein Hauptquartier der russischen Armee in der Stadt Rostow am Don im Südwesten des Landes besetzt und waren Richtung Moskau vorgerückt. Der Aufstand endete einige Stunden später mit einer Vereinbarung. Sie sah nach Angaben des Kreml vor, dass Prigoschin nach Belarus ins Exil gehen sollte. Prigoschin betonte, er habe nicht die russische Führung stürzen, sondern seine Söldnertruppe retten wollen.
Nach Angaben des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko soll sich der Wagner-Chef nun aber in Russland und nicht in Belarus aufhalten. „Was Prigoschin betrifft, so ist er in St. Petersburg. Er ist nicht in Belarus“, sagte Lukaschenko. Er könne „mit Sicherheit“ sagen, dass Prigoschin auf freiem Fuß sei. „Ich habe gestern mit ihm telefoniert.“ Auch die Kämpfer der Söldnertruppe Wagner hielten sich bisher nicht in Belarus auf, sagte Lukaschenko. Er erklärte sich aber bereit, „eine bestimmte Anzahl“ von Wagner-Söldnern in Belarus aufzunehmen.
Laut „Spiegel“ rekrutiert die Wagner-Gruppe auch nach der Meuterei wie gehabt Mitglieder in Sozialen Netzwerken. Ein Reporter des Magazins gab sich als Bewerber aus und telefonierte mit einem Wagner-Mitarbeiter, der ihm gleich ein Gehalt von 240 000 Rubel pro Monat (2500 Euro) anbot, wenn er in der Ukraine oder in Afrika als Kämpfer stationiert werde. Zudem würden Reisekosten und Ausbildung finanziert werden. Laut „Spiegel“ weisen Satellitenbilder darauf hin, dass etwa 200 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt in Belarus Lager für etwa 8000 Wagner-Kämpfer errichtet werden.
Trotz der Spannungen zwischen der Söldnertruppe und dem Kreml bemühe sich die russische Regierung darum, die Söldner in die Strukturen der russischen Streitkräfte zu integrieren. Erschwerend sei aber, dass Wagner keine einheitliche Gruppe ist, sondern ein loses Netzwerk verschiedener Organisationen. Partner in Afrika, wie etwa die Zentralafrikanische Republik, würden sich dafür einsetzen, dass der Kreml und Wagner weiter zusammenarbeiten – dort übt der Kreml erheblichen Einfluss durch die Kämpfer aus. mit afp
KATHRIN BRAUN