Merz will die CDU kantiger aufstellen

von Redaktion

Mehr Wirtschaft und Sicherheit: Bundesvorstand einstimmig für Linnemann als Generalsekretär

München – „Ich muss jetzt an die Arbeit“, sagt Carsten Linnemann am Ende seines Auftritts. Und: „Es wird hart.“ Der neue Generalsekretär der CDU, gerade ein paar Minuten im Amt, macht bei seiner ersten Pressekonferenz klar: Er ahnt, was da alles auf ihn zurollt. Der 45-Jährige aus Paderborn soll die schlingernde Partei stabilisieren, den Wählerverlust Richtung AfD stoppen und Erfolg bei den Wahlen in Hessen (Oktober 2023), Europa (Juni 2024) und im Osten (Herbst 2024) einfahren.

Einstimmig bestätigt der CDU-Vorstand am Mittwoch den Personalvorschlag von Parteichef Friedrich Merz. Keine Widerworte, auch wenn nun der Wirtschaftsflügel in der Partei klar den Ton angibt. Mit Anstand geht der Wechsel über die Bühne. Der Berliner Mario Czaja, obwohl mehr oder weniger gefeuert, tritt mit Merz und Linnemann vor die Kameras. Der stets ausgleichend auftretende Czaja dankt für „starken Teamgeist“ und wünscht dem Nachfolger mit fester Stimme alles Gute.

Es zeichnet sich ab, dass es Merz mit diesem Wechsel um den Kurs geht. Er will die CDU jetzt wohl gerade vor den schwierigen Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg 2024 stärker in den konservativen Kernthemen Wirtschaft und Sicherheit positionieren. In der Partei heißt es, der eher liberalere Kurs der Öffnung habe sich offenbar nicht gelohnt; ebenso wenig grüne Annäherungen. „Das mit dem Bäume-Umarmen ist bei allen nun vorbei“, heißt es. Merz hole sich mit Linnemann einen „kleinen Friedrich“ auf den Posten des wichtigsten Vertrauten in der Partei. Linnemann, der mit provokanten Vorschlägen wie einer „Jobpflicht“ für Arbeitslose auffällt, werde den Kurs noch verstärken. Dass die Gesundheits- und Sozialpolitik in der Partei unterrepräsentiert sei, nehme Merz hin.

Dem Parteichef ist klar: Er muss etwas ändern, auch um intern die Kritik dämpfen zu können. Seit Wochen ist Gemurre zu hören, warum die Union bundesweit trotz des unglücklichen Ampel-Agierens unter 30 Prozent liege. In dieser Lage wagte sich mit NRW-Regent Hendrik Wüst sogar ein Merz-Gegenspieler aus der Deckung. Er forderte einen dezidiert anderen Kurs, nämlich Richtung Mitte, nahe an der früheren Merkel-Linie. Die Hoffnung ist, damit Frauen, junge Menschen, Großstädter wieder besser zu erreichen. Verstanden wurde das auch als Andeutung Wüsts, sich für eine Kanzlerkandidatur bereitzuhalten.

Merz hat das dem Vernehmen nach erheblich geärgert. Bringt die Berufung des eloquenten, medienaffinen Linnemann die CDU nun wieder auf Zack? Der neue General gilt zumindest als besser vernetzt als der Vorgänger, bis in die Tiefen der Partei und auch bis ganz in den Süden zur CSU. Auch dort wird die Berufung Linnemanns freudig aufgenommen. „Der Carsten ist nah bei uns in der Grundeinstellung“, sagt die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig. Bei ihr im Wahlkreis trat Linnemann zuletzt zweimal auf. Er kam sehr gut an, sagt sie.

Allerdings stammt aus der CSU auch einer der kräftigsten Linnemann-Kritiker. Ex-Parteichef Horst Seehofer hatte vor zwei Wochen in einem Interview mit unserer Zeitung scharf kritisiert, dass Linnemann über einen späteren Renteneintritt sinniert hatte. Ohne ihn namentlich zu nennen, sprach Seehofer von „Leichtmatrosen“.

Merz selbst wollte gestern Abend nach München kommen, um mit den wichtigsten CSU-Politikern über die Lage zu reden. Daraus allerdings wurde nichts: Wegen des Gewitters wurde der Flug kurzfristig gestrichen.

C. DEUTSCHLÄNDER/J. BLANK

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