Iranische Sittenpolizei

Nichts als Propaganda

von Redaktion

VON MARCUS MÄCKLER

Als das iranische Regime – wegen der massiven Proteste im Land hochnervös – Ende 2022 das Aus der „Sittenpolizei“ verkündete, glaubten viele Beobachter an ein taktisches Manöver. Jetzt weiß man, dass sie Recht hatten: Was die Mullahs als Entgegenkommen verkauften, war nichts als eine Täuschung und Propaganda. Die Moralwächter sind nun wieder unterwegs, drangsalieren im Namen von Macht und Religion Frauen, wenn sie den Hijab nicht oder falsch tragen. Was das im Einzelfall heißen kann, zeigte der Tod der Kurdin Mahsa Amini in Polizeigewahrsam, an dem sich die Proteste vor zehn Monaten entzündeten.

Die bittere Botschaft: Teheran glaubt, den Kampf um das Land, der ja nicht als ein Kampf gegen das eigene Volk war, gewonnen zu haben. Leider spricht einiges dafür, dass das Regime seinen Kopf tatsächlich noch mal aus der Schlinge gezogen hat. Nicht nur reist Irans Präsident derzeit auf der Suche nach Verbündeten munter durch Afrika. Sieht man mal von den Sanktionen ab, die ja schon vor den Protesten umfassend waren, dann ist auch der Druck des Westens auf die Mullahs kaum mehr wahrnehmbar. Die EU muss sich bei alldem zumindest vorwerfen lassen, die iranischen Revolutionsgarden nicht auf ihre Terrorliste gesetzt zu haben. Das wäre ein Hebel gewesen, um einen wichtigen Teil der Regime-Eliten zu treffen.

Vielleicht ist die Rückkehr der Sittenpolizei aber auch genau jener Funke, den es braucht, um den Widerstand neu zu entfachen. Die Wucht des Protests hat das verrottete System schon einmal an den Rand des Kollapses gebacht. Es wäre höchste Zeit, dass es fällt.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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