„Tag des Widerstands“ in Israel

von Redaktion

Sorgen um das traditionelle Verhältnis zu den USA – Herzog und Biden betonen Zusammenhalt

Tel Aviv/Washington – Vor dem Treffen des israelischen Präsidenten Izchak Herzog mit US-Präsident Joe Biden haben in Israel erneut Tausende gegen den geplanten Umbau der Justiz protestiert. Das umstrittene Vorhaben und generell die Politik der rechts-religiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu waren in den vergangenen Monaten zur Belastungsprobe der Beziehungen beider Länder geworden.

Ein Antrittsbesuch Netanjahus im Weißen Haus steht seit Monaten aus. Die US-Regierung stellte am Montag zwar vage eine Begegnung der beiden im Herbst in den USA in Aussicht. Zugleich äußerte sie deutliche Bedenken an der geplanten Schwächung der israelischen Justiz und einigen Mitgliedern des Netanjahu-Kabinetts.

Netanjahus Koalition plant, die unabhängige Justiz im Land gezielt zu schwächen. Sie wirft ihr zu viel Einfluss auf politische Entscheidungen vor. In der kommenden Woche soll ein wichtiger Teil der Reform zur Einschränkung des Höchsten Gerichts verabschiedet werden. Kritiker sehen Gewaltenteilung und Demokratie in Gefahr. Manche warnen gar vor der schleichenden Einführung einer Diktatur.

Am Dienstag demonstrierten erneut Tausende im Rahmen eines „Tag des Widerstands“ gegen das Vorhaben. Landesweit beteiligten sie sich an Störaktionen und Kundgebungen. Die Organisatoren appellierten an die USA, ihren Einfluss zu nutzen und die Regierung an ihren umstrittenen Plänen zu hindern. Die USA sind traditionell Israels engste Verbündete und unterstützen das Land jedes Jahr im Bereich Verteidigung mit Milliardensummen.

Bei dem Treffen mit Herzog am Dienstagabend sagte Biden, die Freundschaft beider Staaten sei „einfach unzerbrechlich“. Die USA stünden „fest“ an der Seite Israels. Herzog sprach von einer „eisernen militärischen und sicherheitspolitischen Kooperation“ zwischen Israel und den USA. „Es gibt einige Feinde von uns, die manchmal fälschlicherweise davon ausgehen, dass die Tatsache, dass wir einige Meinungsverschiedenheiten haben können, Auswirkungen auf unsere unzerbrechliche Verbindung haben“, sagte der Staatschef. „Ich glaube wirklich, dass wenn sie wüssten, wie sehr unsere Kooperation in den vergangenen Jahren gewachsen ist und neue Höhen erreicht hat, sie nicht so denken würden.“ Seit Monaten bemüht sich Herzog um einen Kompromiss zwischen Regierung und Gegnern der Reform – bislang erfolglos.

Die Protestbewegung ist eine der größten in der Geschichte Israels, einem Land mit rund 10 Millionen Einwohnern. Sie umfasst breite Gesellschaftsteile. Auch innerhalb des Militärs wächst der Widerstand gegen die Regierung. Mehrere tausend Reservisten drohten, ihren Dienst nicht mehr antreten zu wollen, sollte ein Teil der Justizreform verabschiedet werden.

In Israel sorgte zuletzt ein Kommentar in der „New York Times“ des Autors Thomas L. Friedman mit dem Titel „Die Neubewertung der Regierung Netanjahu durch die USA hat begonnen“ für Aufsehen. Friedman warnte, dass die US-Regierung wegen Netanjahus Politik besorgt sei und ihre Beziehungen zu dem Land überdenke.

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