VON GEORG ANASTASIADIS
Gut zwei Monate vor seiner Landtagswahl könnte Bayernregent Markus Söder eigentlich recht entspannt sein. In Berlin zerlegt sich die Ampelkoalition gerade selbst, das linke Lager kommt im Freistaat Umfragen zufolge gerade noch auf ein Viertel der Wähler. Früher vereinten Grüne, SPD und Linke stets ein Drittel der Stimmen auf sich. Auch ein innerparteilicher Rivale ist weit und breit nicht in Sicht, der Niederbayer Manfred Weber, bei Söder notorisch unter Verdacht, ist weit weg in Brüssel, und der Fleiß des Vorsitzenden wird in der Partei in hohen Tönen gelobt. Wo in diesen Tagen mehr als zwei Bayern zusammenstehen, lugt meist auch schon der Landesvater um die Ecke.
Dennoch ist Söder hochnervös. Seine früher so verwöhnte CSU kommt, wie die CDU im Bund, nicht recht vom Fleck, dümpelt zwischen 37 und 40 Prozent. Eine kleine Spanne, aber für Söder bedeutet sie den Unterschied zwischen Himmel und Hölle: Sind’s am Ende 40 Prozent, ist er der Held, werden’s weniger als die mageren 37 Prozent vom letzten Mal, ist der CSU-Chef ein Verlierer, den die Partei das spüren lassen wird. Anders als für Merz heißt das Problem für ihn nicht AfD – sondern Freie Wähler. Deren Chef Hubert Aiwanger ist ein Populist wie Söder, nur tausend Mal so ruch- und schamlos: Wo der Ministerpräsident das Land repräsentiert, zetert sein Stellvertreter gegen die Demokratie, wo Söder zusammenführen muss, hetzt Aiwanger das Landvolk gegen die „abgehobenen“ Städter auf. Welche Steuererleichterungen die CSU ihren Wählern in Andechs auch verspricht – Aiwanger legt das Doppelte drauf und will alle Einkommen bis 2000 Euro steuerfrei stellen.
Seit Söder bei der Erdinger Demo ausgepfiffen und Aiwanger umjubelt wurde, treibt den CSU-Chef die Angst vor einem Erdrutsch um, vor allem im widerständigen Altbayern. Das liebt die Anarchen, auch die latent Verrückten. Läuft es bei der Wahl gut für Aiwanger, wäre das wohl der Beginn einer Karriere als Bauernführer, der nach holländischem Vorbild bundesweit gegen die Klimawende mobil macht. Söders Karriere hingegen nähme einen weit weniger glanzvollen Verlauf als geplant.
Georg.Anastasiadis@ovb.net