München – Horst Seehofer hatte die kuriose Gewohnheit, bei seinen Reisen durch die zehn CSU-Bezirksverbände jeder Region mit den Worten zu schmeicheln: „Ihr seid eine problemfreie Zone.“ Das machte alle stolz – bis sie herausfanden, dass er jedem das Gleiche sagte. Wenn nun heute Markus Söder in Oberbayern seine Reise durch die CSU-Basis abschließt, wird sich das kaum wiederholen.
Weil sich Söder für jeden Auftritt etwas eigenes ausdenkt. Und weil Oberbayern für ihn gerade wahrlich keine problemfreie Zone ist.
Im größten Bezirk, früher mal eine tiefschwarze Herzkammer, steht die CSU ungewöhnlich stark unter Druck – von allen Seiten. An den Rändern zur ergrünten Stadt München (gehört nicht zur CSU Oberbayern) sind die Grünen der Hauptgegner, auch in manch reicher Umlandgemeinde. Im Süden, Garmisch bis Traunstein, frisst eine erstarkte AfD Löcher in die CSU-Umfragen. Auch die Freien Wähler haben hier Zulauf, gestandene Abgeordnete erzählen schaudernd, wie FW-Chef Aiwanger mit „Hubert“-Gesängen in „ihren“ Bierzelten gefeiert wurde.
In den Kampf um Oberbayern steckt Söder viel Energie und hohe Präsenz. Die Erosion war ja schon bei der Wahl 2018 erdrutschartig. In Oberbayern (mit München) verlor die CSU damals 13,4 Punkte, holte nur noch jede dritte Stimme. Setzt sich das fort, ergänzt mit Verlusten an die AfD im äußeren Ostbayern, würde das der CSU die Wahl am 8. Oktober verhageln. Mit Personal will Söder gegensteuern. Fünf seiner elf Minister kommen aus Oberbayern, dazu die zwei Generalsekretäre Martin Huber und Tanja Schorer-Dremel.
Und natürlich Landtagspräsidentin Ilse Aigner, die den Verband seit 12 Jahren führt. Söder und sie haben sich auf eine nicht innige oder kritiklose, aber freundlich-stabile Arbeitsbeziehung geeinigt. Aigners Beliebtheit kann im personenbezogenen bayerischen Wahlsystem für die CSU nützlich sein. Er wird sie am heutigen Bezirksparteitag in Rosenheim wohl flammend zur Wiederwahl vorschlagen, sieht sie als „großartige Integrationsfigur“. Mit 90 plusx ist zu rechnen, mit Umbauten im Vorstand nicht.
Große inhaltliche Offensiven seien nicht zu erwarten, sagen Beteiligte. Der halbtägige Parteitag – wegen des Geburtstags von Herzog Franz auf Nachmittag verschoben – dient eher der Aufmunterung vor einem beinharten Wahlkampf. C. DEUTSCHLÄNDER