Madrid – Die linke Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez ist in Spanien nach Medienprognosen abgewählt worden. Die konservative Volkspartei PP von Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo gewann die vorgezogene Parlamentswahl am Sonntag nach der Erhebung des staatlichen TV-Senders RTVE mit 145 bis 150 Sitzen. Andere Medien veröffentlichten am Abend ähnliche Zahlen.
Laut RTVE landeten die Sozialisten (PSOE) von Sánchez mit 113 bis 118 Sitzen abgeschlagen auf Platz zwei. Die PP verpasst aber die absolute Mehrheit von 176 Sitzen deutlich, sodass Feijóo zur Regierungsbildung auf eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten von Vox angewiesen wäre. Vox belegte nach der RTVE-Prognose mit 24 bis 27 Sitzen Platz vier hinter dem linken Wahlbündnis Sumar (28 bis 31). Paradoxerweise bekommt die umstrittene und oft als rechtsextrem bezeichnete Partei von Spitzenkandidat Santiago Abascal deutlich weniger Sitze als bei der vergangenen Parlamentswahl im Jahr 2019, als sie auf 52 kam, sie wird aber nach dieser Abstimmung wohl viel mehr politisches Gewicht als zuletzt haben.
Nach den Medienprognosen können sich die PP und Vox Chancen ausrechnen, gemeinsam die absolute Mehrheit zu erreichen. Sollte das nicht der Fall sein, werden sie im „Congreso de los Diputados“ auf die Unterstützung oder zumindest die Duldung durch kleinere Parteien angewiesen sein.
Feijóo hatte am Freitag in einem Interview der Zeitung „El Mundo“ eingeräumt, dass eine Koalition mit Vox „nicht ideal“ sei. Vox prangert einen „Klimafanatismus“ an und positioniert sich gegen Abtreibungen sowie mehr Rechte für Angehörige sexueller Minderheiten. Ausgeschlossen hatte Feijóo eine Kooperation mit den europaskeptischen Rechtspopulisten ausdrücklich nicht. Eine sogenannte Brandmauer nach rechts wie in Deutschland gegenüber der AfD gibt es in Spanien nicht. In einigen Regionen regieren beide Parteien schon gemeinsam. Vox trommelt dafür, linke Prestigeprojekte einzukassieren und hart gegen Separatisten durchzugreifen.
Sánchez hatte im Wahlkampf die nach Corona und trotz Ukraine-Krieg relativ gute gesamtwirtschaftliche Lage Spaniens und soziale Errungenschaften hervorgehoben. Der PP warf er ihre mögliche Zusammenarbeit mit Vox auch auf nationaler Ebene vor. Eine PP-Vox-Regierung werde das Land in einen „dunklen Tunnel“ zurück in die Vergangenheit führen, warnte Sánchez.
Feijóo hielt seinem Kontrahenten entgegen, das Land habe seine Regierung satt und wolle einen Richtungswechsel. Viele Menschen kämen mit ihrem Einkommen nur noch mit Ach und Krach über die Runden. Die Staatsverschuldung sei aus dem Ruder gelaufen.
Insgesamt waren fast 37,5 Millionen Menschen wahlberechtigt. Die Wahlbeteiligung lag um 16 Uhr bei 53,12 Prozent und damit deutlich höher als bei der vorherigen Parlamentswahl im Jahr 2019, als 37,92 Prozent der Bürger ihre Stimmen abgaben. Die 2,47 Millionen Briefwähler sind in der Zahl nicht enthalten. Bei großer Hitze wählten sie die 350 Abgeordneten des Unterhauses und einen Teil des Senats.