VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER
Da hat die Union ihr großes Sommertheater. Es ist ein künstliches und dämliches. Der Riesenwirbel um die angeblich eingerissene Brandmauer zur AfD speist sich aus zwei Faktoren: Bei Medien, anderen Parteien und manchem Parteifeind gibt es große Lust, Friedrich Merz das Wort im Mund umzudrehen. Und beim CDU-Chef selbst häufen sich die Fälle, in denen er sich unpräzise und manchmal überzogen äußert – als wäre er, der Kantige aus den 90ern, nicht in der brutal schnellen Medienwelt von heute angekommen, in der jeder Satz sitzen muss. Ein Vorsitzender mit Kommunikationsproblem ist ein dickes Risiko für die CDU und die wahlkämpfende CSU.
Fakt ist: Die CDU hat eine stabile Brandmauer gegen die AfD, keine gemeinsamen Wahlen, Beschlüsse und Initiativen, keine Kungelei auf jedweder Ebene. Gut so, denn eine extremistische Partei darf nicht normalisiert werden. Das ist Beschlusslage, das ist auch Merz’ Haltung. Er hat in seinem TV-Interview mitnichten kommunalen Koalitionen mit Rechtsextremen das Wort geredet. Über eines müssen Politiker 2023 aber nachdenken: Wie man umgeht in einer Kommune, in der der Landrat, der Bürgermeister von der AfD kommen. Das ist – leider – im Osten Realität geworden. Was tun vor Ort – alles ablehnen und blockieren? Einen Ort lahmlegen, solange es in Gremien noch irgendwie eine Allparteien-Mehrheit gegen die AfD gibt? Differenzieren zwischen sachlichen und polemischen, richtigen und falschen Vorstößen in kommunalen, weniger professionellen Räten, in denen über den Wertstoffhof und die Schulturnhalle entschieden wird?
Die Union wird darauf Antworten finden müssen. Alle anderen Parteien, die nun lustvoll Merz beschimpfen, übrigens auch.
Christian.Deutschlaender@ovb.net