Es geht längst nicht mehr nur um ein Gesetz, nicht darum, mit Detail-Änderungen noch irgendeinen Kompromiss zu finden. Das israelische Parlament und die Demonstranten draußen vor der Knesset ringen um nichts anderes als um die Zukunft der Demokratie Israels. Die säkularen und liberalen Juden wollen sich ihren so hart erkämpften Staat nicht von Ultra-Orthodoxen und extremistischen Siedlern zerstören lassen. Diese Hardliner sitzen zwar jetzt an den Schalthebeln der Macht, sie vertreten aber nur eine Minderheit der Israelis.
Reservisten verweigern aus Protest den Dienst, sogar Wirtschafts-Bosse unterstützen einen Generalstreik: Es gibt wohl keinen Zweifel daran, dass es hier um mehr geht als um die „üblichen“ Proteste einer oppositionellen Minderheit. Ex-Staatspräsident Reuven Rivlin warnt vor der Gefahr eines Bürgerkriegs. Benjamin Netanjahu, der sich als großer jüdischer Führer sehe, müsse das Land aus dieser Lage retten, fleht der Likud-Politiker seinen Parteifreund an. Aber wenn es Netanjahu wirklich ernst wäre damit, dass es ihm um Israel und nicht um sein Ego (und seine persönlichen juristischen Auseinandersetzungen) geht, dann hätte er angesichts der Wucht der Proteste diese Gesetze zurückziehen müssen, mit denen die Gewaltenteilung zerschlagen wird. Nur Neuwahlen können jetzt noch die weitere Eskalation stoppen.
Klaus.Rimpel@ovb.net