Zur Wahl in Spanien

Separatisten sind keine Partner

von Redaktion

VON MIKE SCHIER

Die Leitartikel waren schon geschrieben, aber der große Rechtsruck in Spanien ist ausgeblieben. Einmal mehr lagen die Demoskopen bei Wahlen grob daneben. Die als Schreckgespenst an die Wand gemalte Partei Vox verlor sogar ein Drittel ihrer Sitze – und wird nicht regieren.

Plötzlich stehen nicht mehr die Rechtspopulisten im Zentrum, sondern die Separatisten. Die spanische Politik ist leider komplexer als es die jüngste Vox-Aufregung in deutschen Medien vermuten ließ. Um eine Mehrheit zu bekommen, müssten nun beide großen Parteien auf Partner bauen, die den spanischen Nationalstaat ablehnen. Katalanen. Basken mit ETA-Terroristen in ihren Reihen. Schon bisher hatte das Premierminister Pedro Sánchez in Bedrängnis gebracht. Dies und die sehr linke Agenda in der Gesellschaftspolitik drängte die eigentlichen Verdienste seiner Regierung im Wahlkampf in den Hintergrund: Die wirtschaftliche Entwicklung ist gut, die Arbeitslosigkeit geht zurück, die Inflation wurde vom Staat nach unten gedrückt. Offenbar haben sich in letzter Sekunde doch noch viele Spanier daran erinnert.

Trotzdem: Die Lage ist verfahren. Auf keinen Fall sollte sich Sánchez darauf einlassen, nun mithilfe des Katalanen Carles Puigdemont, der sich in Belgien vor der spanischen Justiz versteckt, zum Premier wählen zu lassen. Logischer wäre die Duldung einer Minderheitsregierung des konservativen Wahlsiegers Alberto Núñez Feijóo. Am wahrscheinlichsten aber sind eine Hängepartie und spätere Neuwahlen. Für Europa und die spanische Ratspräsidentschaft sind das keine guten Nachrichten.

Mike.Schier@ovb.net

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