Die Komiker der Republik krümmten sich 2018 vor Lachen, als Markus Söder die Raumfahrtoffensive „Bavaria One“ vorstellte: „Bavaria Größenwahn“, hihi, One-Way-Ticket auf den Mond, haha. Es lief ähnlich bei seinen Reden über Quantencomputer, und gewiss finden sich Spötter über seine nicht wirklich schallschnelle „Hyperloop“-Testfahrt gestern. Ohne Söders Selbst-Inszenierung zu verteidigen: Das Großprojekt dahinter, Bayerns Hightech-Agenda, ist eines der wichtigsten und das substanzvollste Vorhaben der Landespolitik dieser Dekade. 5,5 Milliarden Euro steckt der Freistaat in Zukunftsthemen in ganz Bayern, in 1000 neue Professuren, in Forschung: KI, Medizin, Cleantech, Mobilität, Energie, Robotik.
Bayern hat ein paar Sprünge geschafft, oft anfangs skeptisch beäugt: vom armen Agrarland in den 70ern zum Industriestandort, in den 90ern zum Technologieland. Es braucht jetzt den dritten Sprung, dringend sogar angesichts von Abwanderung, Deindustrialisierung, Frust. Es gibt nur ein kleines Zeitfenster, um die innovativsten Zukunftsbranchen und die besten Forscher ans Land zu binden. Söder hat seit 2018 wahrlich nicht alles richtig gemacht (Wohnungsbau!), hat wahrlich nicht die besten Köpfe um sich geschart (Aiwanger und andere!) – aber die Hightech-Agenda wirkt bereits, ablesbar übrigens notfalls am Neid der Nachbarländer, deren klügste Professoren nun in Bayern forschen. Diese Agenda sollte Wahlkämpfe, Koalitionen und künftige Sparrunden ungebremst überstehen. Weil sie eben nicht Wahn, sondern ein Gegenentwurf zu Zukunftsangst und Sattheit ist.
Christian.Deutschlaender@ovb.net