Niger: Der Westen erhöht den Druck

von Redaktion

VON CARSTEN HOFFMANN

Berlin – Die Bundesregierung legt nach dem Militärputsch im Niger weitere Hilfen für das westafrikanische Land auf Eis. Am Montag wurde auch die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit ausgesetzt, nachdem zuvor alle direkten Unterstützungszahlungen an die zentrale Regierung in Niamey vorerst gestoppt worden waren. Die Ministerien in Berlin handeln dabei im politischen Gleichklang mit EU-Partnern sowie der Afrikanischen Union und der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas, um den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum zurück ins Amt zu bekommen.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin machte deutlich, es sei vorschnell zu unterstellen, dass dieser Putsch schon erfolgreich sei. Und: „Also von daher glaube ich, sind da noch viele Dinge im Fluss und es gibt durchaus noch die Möglichkeit, dass dieser Putsch scheitert.“

Die Bundesregierung steht aber vor schwierigen Fragen. Da der Lufttransportstützpunkt der Bundeswehr in der nigrischen Hauptstadt Niamey auch regionales Drehkreuz für den Abzug aus Mali ist, soll eine Arbeitsbeziehung im Niger erhalten bleiben. Eigentlich sollte schon im August der Abtransport von Material aus Gao in Mali über Niamey in größere Stückzahlen gehen. Von September an sollen dann die Heimflüge der deutschen Blauhelm-Soldaten aus Mali Fahrt aufnehmen. Seit dem Putsch ist der Flugbetrieb auf dem Lufttransportstützpunkt in Niamey aber gesperrt. Er dient nun auch als sicherer Zufluchtsort für die Belegschaft der Deutschen Botschaft in Niamey.

Pläne für eine eilige Räumung des Militärstützpunktes, auf dem noch ein deutscher Militärtransporter steht, liegen aber schon wegen der Bedeutung des „Hubs“ eher hinten in den Mappen der Planer. Im Gegenteil: In Deutschland wurden nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur schon mehrere Militärtransporter vom Typ A400M ausgeguckt, mit denen sich eine Luftbrücke für gefährdete Staatsbürger aufbauen ließe. Allerdings: „Die Lageeinschätzung ist derzeit so, dass das noch nicht notwendig ist. Wir sind natürlich auf mögliche Lageverschlechterungen vorbereitet, aber die zeichnen sich derzeit noch nicht ab“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes.

Das Verteidigungsministerium erklärte, die Bedrohungslage habe sich in den Tagen nach dem Staatsstreich nicht weiter verändert. „Nach wie vor ist es so, dass aus dem Putsch selbst heraus keine direkte Bedrohungslage für das Personal am Luftstützpunkt entstanden ist“, sagte ein Sprecher. Operative Tätigkeiten seien aber eingestellt.

Das deutsche Militär hält derzeit bestehende und lange gepflegte Kontakte in die nigrischen Streitkräfte und nimmt dabei die eigenen staatlichen Interessen in den Blick. Darunter ist die Sicherheit der Soldaten ganz vorn, aber auch der Abzug aus Mali, die Bekämpfung von islamistischem Terrorismus und die Eindämmung von organisierter Migration in der Sahelregion. Dafür eine Zusammenarbeit mit dem Niger zu finden und diese durch Entwicklungsprojekte zu begleiten, war das Angebot, nachdem zuvor bereits Mali dem Westen entglitten war und Putschisten dort nun mit Russland zusammenarbeiten.

Kann dies auch Blaupause sein für den Niger? Die westlichen Regierungen erhöhen ihren Druck, geben den neuen Machthabern aber auch Gelegenheit für eine Kurskorrektur. Beobachtet wird, dass das nigrische Militär am Tag des Aufruhrs kein monolithischer Block war. Es gibt Berichte, dass Spezialkräfte aus dem Hinterland nach Niamey aufbrachen, um den festgesetzten Präsidenten Bazoum freizukämpfen. Das Militär betonte dann, es habe eine „tödliche Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Sicherheitskräften“ vermeiden wollen. Auch dass die Ministerien noch keine neuen Chefs haben, wird als Zeichen für Uneinigkeit über das weitere Vorgehen gedeutet – ohne dass schon klar ist, ob sich die neuen Machthaber internationalem Druck fügen werden.

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