Kopenhagen/Stockholm – Immer wieder werden in Dänemark und Schweden Koranausgaben verbrannt. Auch am Montag genehmigte die schwedische Polizei eine Demonstration, bei der zwei Männer die Heilige Schrift der Muslime zunächst mit Füßen getreten und dann angezündet hatten. Die Wut in der muslimischen Welt ist groß. Nach teils gewaltsamen Protesten suchen Dänemark und Schweden jetzt nach Wegen, Koranverbrennungen juristisch zu unterbinden.
Die dänische Regierung kündigte an, Rechtsmittel gegen islamfeindliche Aktionen vor ausländischen Botschaften zu prüfen. Die Sorge ist vor allem groß, dass islamistische Extremisten in den beiden nordischen EU-Ländern Attentate verüben könnten. „Wir befinden uns in der schwersten sicherheitspolitischen Situation seit dem Zweiten Weltkrieg, und wir wissen, dass sowohl Staaten, staatsähnliche Akteure als auch Einzelpersonen die Situation ausnutzen können“, schrieb der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson bei Instagram.
Er sei in engem Austausch mit seiner dänischen Kollegin Mette Frederiksen, deren Außenminister Lars Løkke Rasmussen von einem „ziemlich hohen und erhöhten Bild der terroristischen Bedrohung“ sprach. Besonders heikel: Die Koranverbrennungen waren ein Grund, warum die Türkei eine schwedische Nato-Mitgliedschaft lange blockierte.
Die Latte für ein juristisches Vorgehen liegt aber hoch. Auch in Deutschland wäre eine kommentarlose Verbrennung religiöser Schriften nicht strafbar, erklärt der Strafrechtler Harald Lemke-Küch im Rechtsmagazin „Legal Tribune Online“.
Weder der Paragraf 166 des Strafgesetzbuches – „Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen“ – noch der Paragraf 130 – „Volksverhetzung“ – könnte dann zum Tragen kommen. In Dänemark und Schweden sind die Versammlungs- und die Demonstrationsfreiheit von der Verfassung stark geschützt. Auch deshalb verwarfen Gerichte in Stockholm ein von der Polizei verhängtes Verbot der islamfeindlichen Proteste. Daraufhin fanden in den vergangenen Wochen mehrere solche Aktionen statt.
Obwohl es sich um äußerst kleine Kundgebungen einer Handvoll Menschen handelte und die Regierungen in Stockholm und Kopenhagen die Schändungen scharf verurteilen, kam es in muslimischen Ländern zu Massenprotesten. Im Irak stürmte ein Mob die schwedische Botschaft, die Botschafterin wurde ausgewiesen.
Die Organisation für Islamische Zusammenarbeit berief für Montag eine Sondersitzung ein. Die Organisation fordert, dass die Regierung Maßnahmen ergreift, um solche Aktionen zu verhindern. Muslime verstehen die Aktionen als Hassverbrechen, die nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sind.
Es ist nicht das erste Mal, dass islamfeindliche Aktionen in Skandinavien zu heftigen Protesten in der muslimischen Welt führen. 2005 lösten umstrittene Zeichnungen des Propheten Mohammed eine gewaltsame Protestwelle mit Dutzenden Toten aus, bei der dänische Botschaften angegriffen wurden.
BENEDIKT VON IMHOFF