München – Es war ein einprägsamer Schlachtruf. „Wir holen uns das blaue Gold zurück“, tönte Ludwig Hartmann schon vor Monaten. Damit warb, lockte und kämpfte der Fraktionschef der Landtags-Grünen für seinen Plan eines Rückkaufs der wichtigsten bayerischen Wasserkraftwerke. Was anfangs an der Landespolitik, zumindest an der regierenden CSU, abzutropfen schien, setzt nun wohl doch die Politik-Mühle in Gang.
Am Donnerstag hat Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber offiziell den Bund zu Gesprächen gebeten. Dem Bund gehören seit der Uniper-Rettung 99 Prozent am Unternehmen, das unter anderem 97 Wasserkraftanlagen an den wichtigsten bayerischen Flüssen besitzt. Die will Glauber abkaufen und selbst betreiben. „Wir streben die Übernahme der gesamten bayerischen Uniper-Wasserkraftwerke in eine landeseigene Betreibergesellschaft an“, sagt der Minister. Notfalls kann er sich auch eine gemeinsame Gesellschaft mit dem Bund vorstellen.
Damit geht eine spektakuläre Wende weiter; nicht bei Glauber selbst, der Freie Wähler war schon länger für den Rückkauf. Inzwischen ist die CSU-Spitze auch auf dieser Linie. In kleinen Schritten hatte Ministerpräsident Markus Söder dieses Umdenken seit März angedeutet und vollzogen. Auch bei den anderen Parteien, darunter der SPD, gibt es Unterstützer für das Vorhaben.
Ob das klappt, hängt nun am Bund. Von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gibt es bisher kein Signal, auf Rückfragen unserer Zeitung reagierte er unlängst reserviert. Gleichzeitig gibt es aber die Auflage der EU-Kommission, dass sich der Bund in den nächsten fünf Jahren bis auf 25 Prozent von Uniper zurückziehen muss. Das würde ja passen.
Die Kosten sind nicht bekannt. Der Grüne Hartmann hat unlängst grob überschlagen, Bayern habe die Bayernwerk AG inklusive der Anlagen in den 90ern für 2,3 Milliarden D-Mark abgegeben. „Verscherbelt“, sagt er. Die Erlöse hochprofitabel in die damalige wegweisende „Hightech-Offensive“ gesteckt, heißt es bei der CSU. Sei’s drum: Angesichts fälliger neuer Investitionen dürfte der Rückkaufpreis heuer kaum viel höher sein. Eine Rolle spielt auch, dass ab 2030 die Bewilligungen der bayerischen Uniper-Wasserkraftwerke schrittweise auslaufen würden. Alternativ kann der Freistaat in diesem Verfahren für viele Kraftwerke (nicht am Walchensee) den „Heimfall“ erklären, also würde gegen Zahlung einer Abgeltungssumme wieder der Eigentümer der Anlagen.
Vorteile für Bayern: Mit den Kraftwerken lässt sich Geld verdienen; der Hochwasserschutz läge dann in einer Hand mit dem Betrieb; das Personal bliebe an Bord. Und: Der Staat steigt auf dem sensiblen Feld der Energieerzeugung etwas größer ein als bisher. Die Wasserkraftwerke decken ungefähr sechs Prozent des Strombedarfs. Söder will das durch Zubau sogar noch erhöhen. Scheu vor einer Verstaatlichung hat der Regierungschef jedenfalls nicht (mehr). Auch auf dem Feld der Windenergie ist ja inzwischen eine eigene staatliche Beteiligung am Bau von Windrädern vor allem im Staatsforst angekündigt.
Von einer „historischen Chance“ spricht Glauber. „Wir müssen die Energieversorgung neu denken.“ In seinem Umfeld heißt es, das Gesprächsangebot an den Bund sei sehr ernst, sachbezogen und stehe nicht in Zusammenhang mit dem Landtagswahlkampf.
Hartmann indes übermittelt dem FW-Minister spöttisch „herzliche Glückwünsche“ dafür, „nun auch aufgewacht“ zu sein. Viel zu lange sei in der Staatsregierung nichts passiert. In der Sache gebe es „viele Vorteile, die in einer Rückführung der bayerischen Wasserkraft in Bürgerhand liegen“. Hartmann fordert: „Als nächstes will ich nun Taten sehen.“
Endlich aufgewacht, spotten die Grünen