Zweifel an Faesers Abschiebe-Plan

von Redaktion

VON SEBASTIAN HORSCH

München – Zu Wohnheimen umfunktionierte Turnhallen, überlastete Kommunen und die AfD im Umfragen-Höhenflug. Das Thema Migration beschäftigt das Land wie zuletzt nach der Flüchtlingskrise im Jahr 2015. Während über die Grenzen immer weiter Menschen nach Europa und Deutschland kommen, scheitern gleichzeitig oft die Abschiebungen derer, die kein Bleiberecht haben. Schon im Frühling hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor diesem Hintergrund die Ministerpräsidenten und Regierungschefs der Länder zum Flüchtlingsgipfel getroffen. Als Reaktion auf die bei dem Treffen angesprochenen Probleme, hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nun einen neuen Diskussionsentwurf vorgelegt.

Faesers Vorschläge: Eine Ausweitung des Ausreisegewahrsams von derzeit bis zu zehn auf künftig bis zu 28 Tage soll den Behörden mehr Zeit geben, um eine Abschiebung vorzubereiten. „Unter engen rechtsstaatlichen Voraussetzungen“ sollen die Beamten zudem bei einer Abschiebung weitere Räumlichkeiten betreten dürfen als bisher. Damit soll sichergestellt werden, dass Betroffene auch tatsächlich in Gemeinschaftsunterkünften angetroffen werden. Einreise- und Aufenthaltsverbote sowie Wohnsitzauflagen und räumliche Beschränkungen sollen zudem künftig sofort vollziehbar werden – Widersprüche und Klagen hätten dann keine aufschiebende Wirkung mehr. Und: Um Ausländerbehörden zu entlasten, schlägt das Ministerium eine längere Gültigkeit unter anderem von Aufenthaltsgestattungen im Asylverfahren sowie von Aufenthaltserlaubnissen von subsidiär Schutzberechtigten vor. Letztere sind Menschen, die stichhaltige Gründe dafür vorbringen, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht.

Jan Pfeil, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Bayern befürwortet grundsätzlich jede Änderung, die die Umsetzung von Abschiebungen effektiver machen könnte. In der Praxis spiele der Ausreisegewahrsam aber „eine eher untergeordnete Rolle“. Das Kernproblem sei ein anderes. Flugticket, Papiere, Behördenabsprachen – eine Abschiebung wird aufwendig vorbereitet. Doch: „Da sie den Betroffenen angekündigt wird, treffen wir in den meisten Fällen niemanden an“, sagt der Polizist unserer Zeitung. Und erst nach dem ersten gescheiterten Versuch werde in der Regel ein Gewahrsam überhaupt möglich.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) nennt Faesers Pläne sogar „nicht zielführend“. Der beste Schutz vor illegaler Migration sei „eine wirksame Kontrolle an den Grenzen und eine bessere Ausstattung der Polizei“

Das politische Echo auf Faesers Vorschläge fällt ebenfalls durchwachsen aus. Während vom einen Koalitionspartner FDP Lob kommt („wichtiges Signal“), reagiert der andere – die Grünen – ablehnend. „Abschottung und Abschreckung haben nichts mit den tatsächlichen Herausforderungen bei der Aufnahme, Versorgung und Integration von Schutzsuchenden zu tun“, sagt Bundestagsabgeordnete Filiz Polat.

Auch von der CSU kommt Kritik, wenn auch aus ganz anderen Gründen: „Dass Frau Faeser in der angespannten Migrationslage drei Monate braucht, um einen ersten ‚Diskussionsentwurf’ vorzulegen, zeigt, dass sie ihrer Aufgabe als Bundesinnenministerin nicht gewachsen ist“, sagt die stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende im Bundestag Andrea Lindholz (CSU) unserer Zeitung. CDU und CSU hätten bereits Ende Mai einen Gesetzentwurf zur Verlängerung des Ausreisegewahrsams auf bis zu 28 Tage im Bundestag eingebracht, den die Ampelfraktionen damals noch „unter fadenscheinigen Argumenten abgelehnt“ hätten.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte gegenüber unserer Zeitung zudem weitere Schritte: „Zum Beispiel die Einstufung weiterer Herkunftsländer als sichere Herkunftsstaaten: Hinsichtlich Georgien und Moldau hat ja sogar der Bundeskanzler schon seine Zustimmung signalisiert. Aber wer blockiert wieder? Die Grünen.“

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