Berlin – Man muss sie bewundern, diese Fähigkeit zur maximalen Umdeutung. Zu Beginn des Interviews streckt der Moderator dem Politiker ein Foto hin: Markus Söder, jubelnd im Bierzelt. Dazu der Hinweis, dass die Staatskanzlei 2022 rund 180 000 Euro für Fotos ausgegeben hat. Manchem wäre das unangenehm, Söder nicht. Das sei viel weniger, als man in Berlin für Fotos ausgebe, sagt er. Überhaupt: Die Bilder dienten dem Kampf gegen Politikverdrossenheit und die AfD.
Söder, der Bilderkämpfer, sitzt am Sonntagabend in Berlin, Sommerinterview der ARD, und natürlich geht es nach der kleinen Neckerei gleich los mit Friedrich Merz und der AfD. Der CDU-Chef hatte sich vor zwei Wochen im ZDF mit einer Äußerung zur kommunalen Zusammenarbeit mit den Rechten viel Ärger eingehandelt, auch Söder soll intern von einem schweren Fehler gesprochen haben. Jetzt sagt er, Merz sei „missverständlich interpretiert worden“, man arbeite „super zusammen“. Unterm Strich sehe er „keine nachhaltige Beschädigung“.
Der Bayer, so soll es jedenfalls klingen, stärkt dem angeschlagenen Merz den Rücken. Die Union müsse geschlossen auftreten und „Stabilität und Sicherheit“ vermitteln, sagt er, gerade jetzt, da die Deutschen „extrem verunsichert“ seien, teils an der Funktionsfähigkeit des System selbst zweifelten.
An einem Punkt hat die Geschlossenheit aber einen kleinen Riss, nämlich bei der Frage nach dem Kanzlerkandidaten. Söder findet, die Union sollte ihn erst im Herbst nächsten Jahres küren und nicht – wie die CDU und CSU bisher kommunizieren, bereits im Spätsommer. Heißt: Erst nach den Landtagswahlen im Osten soll sich entscheiden, wer antritt.
Es mache einfach „wenig Sinn“, einen Kanzlerkandidaten in drei Landtagswahlen zu schicken, sagt Söder. Zudem glaube er auch, „dass wir die Ergebnisse dieser Landtagswahlen sehr, sehr sensibel und sehr genau analysieren müssen und daraus möglicherweise auch gute Argumente für die Personalfrage finden“. Nicht ausgeschlossen, dass jene Wahlen zum AfD-Triumph werden – und damit zum Merz-Debakel.
Mit eigenen Ambitionen hat das natürlich alles nichts zu tun, wie Söder am Sonntag in der ARD beteuert. Nein, nein, sagt er auf die Frage von Moderator Matthias Deiß, er bleibe hier, also nicht in Berlin, sondern in Bayern. „Ich hätte nie gedacht, dass unser Land – Deutschland – mal so ins Schlingern kommt. Das muss man so sagen. Ich helfe sicherlich mit – auch aus Bayern und auch von der CSU – dass dieses Deutschland wieder in Fahrt kommt, aber nicht als Kanzler.“
Allerdings lässt er auch keinen Zweifel daran, dass er die besten Lösungen habe, etwa mit Blick auf die AfD. „Wir reden viel zu viel über diese Typen“, sagt Söder und findet, das müsse gar nicht sein. Es brauche einfach gute Lösungen für die Probleme der Menschen. Oder einfach ein paar gute Bilder. mmä/dpa