München – Vorletzte Woche hat ein Interview von Peter Ramsauer in der halben Republik für Empörung gesorgt, weil er sich gegenüber Migranten in der Wortwahl vergriffen hatte. Ein anderes, für seine CSU viel heikleres Zitat ging da weitgehend unter. Ex-Minister Ramsauer befand nämlich, der „neue Franz Josef Strauß“ sei seiner Ansicht nach Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger.
Ein Lob für die Konkurrenz – und eine Ohrfeige für die eigene Partei, das in einen Satz gepackt. Was Ramsauer ausdrückte, ist ja auch: Seinem Parteivorsitzenden Markus Söder spricht er das Format des CSU-Übervaters Strauß ab. Solch öffentliche Querschüsse sind in der CSU selten geworden. Ramsauer, der politisch nichts zu verlieren hat, muss den Zorn Söders nicht fürchten. Aber Söder muss fürchten, dass sich spätestens nach der Landtagswahl am 8. Oktober weitere solch unfreundliche Wortmeldungen häufen.
Tatsächlich beginnt es in der CSU allmählich zu brummen. In vertraulichen Gesprächen äußern führende Köpfe – bis an mehrere Stellen ins Kabinett hinein – ihre Sorgen, ob die Partei es rechtzeitig aus dem Umfragetief schafft. Warum sie nicht vom Ampel-Chaos profitiert. Und ob Wahlprogramm und Slogan („Unser Land in guter Hand“) nicht zu behäbig sind. Die jüngsten Prognosen, seriöse wie halbseidene, sahen die CSU unter 40 Prozent. Im aktuellen GMS-Wählercheck von Sat1 und Antenne Bayern, der nach dem BR-Bayerntrend in der Landespolitik ernst genommen wird, sind es 39 Prozent. Die Freien Wähler kämen auf 12 Prozent, damit würde es für die bürgerliche Koalition reichen. Als sonderlich gut gilt in der CSU ein solcher Wert indes nicht. Messlatte sind – so formulierte es mal Oberbayern-Chefin Ilse Aigner – 40 Prozent. Plus X.
Weil die anderen Parteien weit abgehängt sind – Grüne und AfD bei 14, die SPD bei 9, die FDP bei 4 und die Linke bei 3 Prozent –, muss die CSU nicht um die Staatskanzlei fürchten. Die entscheidenden zwei, drei Punkte, ob er nun als Sieger oder Verlierer der Wahl gesehen wird, dürfte Söder bei FW, FDP und AfD vermuten. Seine harte Abgrenzung von der AfD ist diesem Motiv entsprungen, jüngst wieder im TV-Sommerinterview. An mehreren Stellen wiederholt er zudem seine Formulierung, Strauß hätte die AfD als „fünfte Kolonne Moskaus“ bezeichnet. Zu den Freien Wählern grenzt sich der CSU-Chef ab, indem er sich von Populismus distanziert und betont, dafür lieber auf ein, zwei Prozent zu verzichten.
Söders persönliche Werte sind in dieser Umfrage wieder etwas besser. 51:45 Prozent ginge die Abstimmung aus, ob er Ministerpräsident bleiben soll. 54 Prozent sagen, er sei ein guter Regierungschef, ein leichtes Plus gegenüber Juli.
Der Abstand zu den Gegenkandidaten ist riesig. Das Grünen-Duo Katharina Schulze und Ludwig Hartmann beurteilen laut GMS 48 Prozent negativ, FW-Chef Hubert Aiwanger 56 Prozent, SPD-Chef Florian von Brunn 59 Prozent. Was sich allerdings noch steigern lässt – nach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wurde auch gefragt, mit ihm sind 68 Prozent der befragten Bayern unzufrieden.
CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER