Politiker auf Hochglanz

von Redaktion

VON MARC BEYER

München – Der letzte öffentliche Auftritt ist erst ein paar Tage her. Am Sonntag besuchte Angela Merkel die Salzburger Festspiele, und natürlich gibt es von dem Termin jede Menge Fotos. Auf den meisten ist die ehemalige Bundeskanzlerin unter einem riesigen Regenschirm zu sehen, das Wetter in Salzburg war eine Zumutung. Die Frisur war trotzdem tadellos.

Frauen und ihre Haare, das ist auch in der Politik immer wieder ein Thema. Oft ist das unfair, zuweilen chauvinistisch, doch gelegentlich gibt es auch einen aktuellen Anlass. Auf Anfrage des Berliner „Tagesspiegel“ hat das Bundeskanzleramt jetzt mitgeteilt, dass seit Merkels Ausscheiden aus dem Amt Ende 2021 fast 55 000 Euro Kosten für Kosmetik und Frisur angefallen sind, davon exakt 37 800 im Jahr 2022. Umgerechnet sind das rund 3000 Euro pro Monat, hinzu kommen Reise- und Hotelkosten für die Stylistin, die in Berlin als selbstständiger „Hair-&-Make-up-Artist“ arbeitet.

Das Land lässt sich seine ehemalige Regierungschefin einiges kosten. Merkel unterhält ein Büro mit neun Planstellen, jährlich fällt dafür ein mittlerer sechsstelliger Betrag an. Reisekosten sind da nicht eingerechnet. Im Gegenzug erfüllt Merkel ihre „fortwirkenden Amtspflichten“, wie es im Behördendeutsch heißt. Das ist ein schwammiger Begriff, denn tatsächlich pflegt die Altkanzlerin im Ruhestand einen äußerst diskreten Lebensstil. Wenn sie nicht gerade einen Orden erhält oder eine kulturelle Großveranstaltung besucht, ist sie in der Öffentlichkeit kaum präsent.

Der Bund der Steuerzahler moniert die steigenden Kosten für das Styling hoher Repräsentanten schon lange. Sein Präsident Reiner Holznagel beklagt, es sei den Menschen „kaum zu vermitteln, dass sie auch für Visagisten und Hairstylisten von Politikern aufkommen sollen“. Deshalb müsse der Aufwand „auf das Notwendigste reduziert“ und „im Zweifel privat“ getragen werden. Wie viel notwendig ist und ab wann ein Zweifel aufkommt, das bleibt dann aber trotzdem Auslegungssache.

Die Kritik der Steuerzahler bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf Merkel. Auch aktive Politiker geben eine Menge Geld aus, um gut auszusehen, auch und gerade in den Sozialen Medien. Erst vor wenigen Wochen sorgten die Fotokosten der bayerischen Staatskanzlei für Furore, die sich innerhalb weniger Jahre auf rund 180 000 Euro jährlich vervielfachten. Zudem wurde gerade bekannt, dass Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) für ihre Hausleitung einen Fotografen sucht, der sie auf Terminen begleitet und gelegentlich Porträtshootings ansetzt: maximal 150 000 Euro plus Mehrwertsteuer als Rahmen für vier Jahre. Das Auswärtige Amt wiederum ließ sich allein 2022 eine Maskenbildnerin für Ministerin Annalena Baerbock (Grüne) mehr als 136 000 Euro kosten.

Solche Zahlen lösen in der Regel einen Aufschrei aus, im schlimmsten Fall einen Neid-reflex. Nicht immer aber sind sie skandalös. Bei Baerbock etwa schlagen die hohen Reisekosten zu Buche. Auch als vergangenes Jahr das Wirtschaftsministerium einen Fotografen suchte und das Gesamtvolumen des Auftrags auf 350 000 Euro bezifferte, passte das nur kurz ins Klischee des sendungsbewussten Ministers Habeck, der bei der Inszenierung nichts dem Zufall überlässt. Bald stellte sich heraus, dass die Summe der Maximalbetrag für eine Laufzeit von vier Jahren war. Und nicht nur Hochglanz-Termine in aller Herren Länder beinhaltet, sondern auch schnöde Alltagstätigkeiten für die Öffentlichkeitsarbeit des gesamten Ministeriums.

Ähnlich diffizil ist nun die Bewertung bei Angela Merkel. 55 000 Euro für Styling sind eine Menge Geld, aber die aktuelle Besetzung im Kanzleramt gibt noch ein bisschen mehr aus. Seit dem Regierungswechsel sind dort rund 62 000 Euro angefallen. An Olaf Scholz’ Frisur dürfte es nicht so sehr liegen.

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