Unerwarteter Zuwachs im Revier

von Redaktion

Bayerns Jäger nehmen FDP-Chef auf – und verstehen sich mit Aiwanger besser, als der CSU lieb ist

München – Nach einer großen Sensation klingt das nun nicht. Der Bayerische Jagdverband, Kreisgruppe München-Land, darf sich über Mitgliederzuwachs freuen. Ein einzelner Jungjäger plant, seinen Mitgliedsantrag zu unterschreiben. Interessant wird die Nachricht aber dann doch: Das Neumitglied heißt Lindner, Christian. Im Hauptberuf Bundesminister der Finanzen und Chef der FDP.

Tatsächlich: Lindner wird Mitglied bei Bayerns Jägern. In festlichem Rahmen wird er am Dienstag im Jagd- und Fischereimuseum den Antrag unterzeichnen. Die formalen Kriterien erfüllt er: Lindner hat 2018 seinen Jagdschein gemacht, in einer privaten Schule bei Schwerin. „Sehr gute Ergebnisse“ in allen Prüfungen, auch beim Schießen, habe er erzielt, hieß es damals. Lindner jagt aktiv, wenn auch zeitbedingt ohne eigenes Revier. Es gehe ihm um Naturschutz, ums Erleben des Waldes und um die „bewusste Form der Lebensmittelproduktion“, sagte er. „Der Wohlstandsfleischesser an der Kühltheke ist schnell entfremdet von der Natur.“

Bayer muss er nicht sein für den Antrag in München-Land. Der Politiker kann außerhalb seiner Heimat NRW beitreten. Etwas pikant sei es aber schon, heißt es im Jagdverband, dass Lindner nun ausgerechnet kurz vor der bayerischen Landtagswahl, bei der für die FDP Zehntelprozente entscheidend sein können, die große Bühne für den Beitritt in München kriege.

Vor allem, weil der Jägerpräsident Ernst Weidenbusch heißt und seit 20 Jahren für die CSU in München-Land im Landtag sitzt. Weidenbusch sagt unumwunden: Viele Jagdfragen seien Bundesrecht, da sei die FDP in der Ampel der einzige Ansprechpartner. Den Parteichef als Mitglied zu gewinnen – für ihn ein Volltreffer. „Ich kann nicht deswegen, weil eine Landtagswahl ansteht, einen Termin nicht machen“, sagt Weidenbusch auf Nachfrage gut gelaunt.

Eine CSU-Agenda im Verband durchzuziehen, kann man dem Präsidenten wahrlich nicht vorwerfen. Neben Lindner bekommt in diesen Tagen ein weiterer harter CSU-Rivale bei den Jägern eine sehr große Bühne: Hubert Aiwanger nimmt im aktuellen Jagd-Magazin stolze acht Seiten ein, viele Fotos plus Interview und plus Youtube-Video. Der Wirtschaftsminister von den Freien Wählern, formal nur am Rand zuständig, ist seit Jahr und Tag bei Jagd- und auch Agrar-Themen, einst Monopol der CSU, sehr engagiert. Man schätzt sich. Als Weidenbusch, der intern umstritten ist, im März eine heikle Landesversammlung zu überstehen hatte, reiste Aiwanger nach Hof und warb für Geschlossenheit im Verband. Erfolgreich.

Dazu passt, dass Weidenbusch mit manchen in der CSU arg hadert und sich selbst auch nicht mehr um ein Landtagsmandat bemüht. Von Agrarministerin Michaela Kaniber fühlte er sich zum Beispiel beim Waldpakt über- bis hintergangen. „Ideologisch geprägtes Handeln“ warf er ihr in einem Brandbrief vor.

„Der Ernst“, so heißt es etwas mürrisch aus der CSU, sehe sich leider „zu gern außerhalb jeder Parteidisziplin“. C. DEUTSCHLÄNDER/D. WALTER

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