VON ANDREAS HÖSS
Wer sich den Dax mit den 40 größten deutschen Konzernen anschaut, entdeckt viel Tradition. Egal ob Siemens, Daimler oder Volkswagen: Viele Firmen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden, haben bereits einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Deutsche Ingenieurskunst ist also dauerhaft gefragt. Das ist toll – einerseits.
Andererseits offenbart die Dominanz der „alten Industrie“, dass der deutsche Erfindergeist irgendwann verloren gegangen zu sein scheint. Außer Zalando, Infineon oder Symrise gibt es kaum junge Firmen in der ersten deutschen Börsenliga. Der 1998 gegründete US-Konzern Google ist dagegen mehr wert als der ganze Dax zusammen. Und bei den Digitalkonzernen stehen wir mit Ausnahme von SAP sogar fast komplett blank da.
Will Deutschland ökonomisch Anschluss halten, kann es sich nicht nur auf alte Stärken verlassen. Parallel müssen wir auch in jenem zukunftsträchtigen Bereich schnell besser werden, den die Deutschen häufig suspekt finden, der aber stark wächst: der Digitalisierung. Forschung und gute Start-ups gibt es hierzulande. Junge Firmen werden jedoch häufig von der Bürokratie ausgebremst, scheitern an rigiden Datenschutzvorgaben oder trocknen mangels Risikokapital finanziell aus. Dass die Bundesregierung mit dem Wachstumschancen-Gesetz Investitionen und Innovationen nun fördern will, ist eine gute Sache. Dass die Digitalisierung dort lediglich eine Nebenrolle spielt, ist hingegen ein großer Fehler.
Andreas.Hoess@ovb.net