WIE ICH ES SEHE

Ferienzeit – Familienzeit

von Redaktion

Der spöttelnde Wilhelm Busch machte sich gerne lustig über anreisende Verwandte: „Unvermutet wie zumeist, kommt die Tante angereist. Herzlich hat man sie geküsst, weil sie recht vermögend ist.“ Wir aber rechnen weniger mit Erbschaften und freuen uns trotzdem, wenn wir in der Sommerzeit unsere weit in Mitteleuropa verstreuten Familienmitglieder wieder einmal zu sehen bekommen. Die norddeutschen Verwandten, die früh Ferien haben, machen unweigerlich einen Stopp bei uns, bevor sie in ihre Urlaubsquartiere weiterreisen. Das ist schön, auch wenn die Hausfrau manchmal etwas stöhnt wegen der zusätzlichen Arbeit für diese aber doch sehr geliebten Hausgäste. Geschickt arbeiten die Jungen auch in der Küche mit, was die Hausfrau tröstet, zumal sie sich ja nun auch auf ihre eigenen Urlaubstage freuen darf.

In großen Familien gibt es immer wieder irgendeinen Anlass zu feiern, einen Geburtstag oder ein Fest, wo wir nun auf dem Weg in den eigenen Urlaub unbedingt dabei sein sollen. Es lohnt sich, denn man trifft nicht nur die Altvertrauten der eigenen Generation, Geschwister, Vettern und Cousinen mit ihren jeweiligen Partnern oder Partnerinnen, sondern auch deren Kinder. Ich staune, was die alles machen, unternehmen, wo sie in der ganzen Welt irgendwo studieren oder beruflich unterwegs sind. Früher war es doch so, dass wir Jungen von den Älteren gelernt haben, wie es in der Welt zugeht, welche Techniken man einsetzen soll und worauf es ankommt. Das hat sich im digitalen Zeitalter umgekehrt, jedenfalls wenn es um den richtigen Umgang mit dem Smartphone geht. Da machen die Jüngsten uns vor, wie man viel mehr damit machen kann als zu telefonieren, E-Mails zu schreiben oder im Netz zu surfen. Interessant ist es auch, wenn sie von ihrer Tätigkeit an Universitäten oder in modernen Start-up-Firmen berichten.

Besonders belebt werden diese Zusammenkünfte aber dadurch, dass Neffe oder Nichte bereits ihre Partnerinnen und Partner mitbringen, mit denen sie inzwischen fest zusammenleben. Diese in jeder Hinsicht smarten jungen Damen und Herren bereichern unsere abendlichen Runden sehr. Nach Heiratsplänen wagt man freilich nicht zu fragen, aber einige legen sie offen auf den Tisch. Im nächsten Sommer wird geheiratet und die offizielle Einladung zur Hochzeitsfeier wird schon mal mündlich angekündigt. Dank Smartphone soll man den Termin auch gleich für das nächste Jahr eintragen. Ja, und sie wollen auch Kinder haben, aber das hat Zeit. Erst mal steht der Beruf im Vordergrund.

Wir Älteren gehen am nächsten Morgen noch auf den Friedhof mit der alten Familiengrabstätte.

Dort ist ein schöner Spruch eingraviert: „Liebe und Freundschaft umschlang die verwandten Seelen im Leben und ihr Sterbliches deckt dieser gemeinsame Stein.“

Das klingt nicht sehr christlich, aber wir freuen uns, dass wir in der lebendigen Familie diese Verbindung von Liebe und Freundschaft untereinander fortsetzen. Es muss ja nicht täglich gelebt werden – Wilhelm Busch lässt grüßen.

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VON DIRK IPPEN

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