München – Vor dem Landgericht München I beginnt in wenigen Wochen ein ganz besonderes Strafverfahren. Der Verdacht klingt nach Tagesgeschäft: Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug. Doch Hauptangeklagte ist Andrea Tandler – und damit rückt die Maskenaffäre, die die CSU in der Corona-Pandemie erschüttert hatte, wieder ins Rampenlicht. Besonders heikel ist deshalb der Termin des Prozessbeginns, den das Gericht gestern veröffentlichte: Mittwoch, 4. Oktober. Vier Tage vor der Landtagswahl. In der Hochphase des Wahlkampfs.
Für die CSU und Markus Söder, die gestern ihre Wahlkampagne für diesen Endspurt präsentierten, sind das keine schönen Nachrichten.
Tandler wird Steuerhinterziehung in drei Fällen sowie ein Subventionsbetrug vorgeworfen, dem Angeklagten N. Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Steuerhinterziehung in Mittäterschaft in zwei Fällen. Die Kammer hat bislang acht Hauptverhandlungstermine bis zum 17. November vorgesehen.
Insgesamt soll Tandler 23,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben, wie die Staatsanwaltschaft Ende Mai mitgeteilt hatte. Konkret geht es laut Anklage um nicht gezahlte Einkommenssteuern von 8,7 Millionen Euro, um gemeinschaftlich hinterzogene Schenkungssteuer von 6,6 Millionen Euro sowie um Gewerbesteuerhinterziehung von 8,2 Millionen Euro. Sollte es am Ende des Gerichtsverfahrens zu einer Verurteilung kommen, drohen Tandler und ihrem Partner langjährige Haftstrafen.
Ausgangspunkt sind Provisionszahlungen, die Tandler, ihr Geschäftspartner und Lebensgefährte N. sowie ein dritter Beschuldigte zu Beginn der Pandemie 2020 erhalten haben sollen. Die Unternehmerin hatte Lieferverträge über persönliche Schutzausrüstung, insbesondere Masken, zwischen einem Schweizer Unternehmen und verschiedenen Behörden vermittelt. Das Verfahren gegen den Dritten wurde abgetrennt.
Tandler und N. waren im Januar auf der Grundlage von Haftbefehlen des Amtsgerichts München festgenommen worden und sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Haftbeschwerden der beiden Beschuldigten hatte nach dem Landgericht München I auch das Oberlandesgericht München als unbegründet zurückgewiesen.
Tandler ist die Tochter des einstigen CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler und in der Partei bestens vernetzt. Geholfen hätten ihr Beziehungen zur Europaabgeordneten Monika Hohlmeier, lautet der Vorwurf. Hohlmeier selbst hat aber offenbar kein Honorar verlangt. Mit dem Verfahren dürften auch andere Masken-Geschäfte in der CSU wieder in den Mittelpunkt rücken – auch wenn die Abgeordneten Alfred Sauter und Georg Nüßlein vom Bundesgerichtshof vom Vorwurf der Bestechlichkeit freigesprochen wurden. Beide sind aus der CSU ausgetreten.
Die Opposition ist jedenfalls zufrieden. „Wir Grünen sind froh, dass das ein juristisches Nachspiel hat und nun die Anklage zugelassen wurde“, sagte Spitzenkandidat Ludwig Hartmann. MIKE SCHIER/CHRISTOPH TROST