Könnte Trump aus dem Gefängnis regieren?

von Redaktion

Ex-Präsident muss sich wieder den Behörden stellen – Was eine Verurteilung für seine Kandidatur bedeuten würde

Washington – Ein Ex-Präsident auf der Anklagebank in einem Strafverfahren: Das gab es in den USA noch nie vor Donald Trump. Um 1.30 Uhr in der Nacht zu Freitag/MESZ sollte der Ex-Präsident pro forma in einem Gefängnis in Atlanta vorstellig werden, wegen der neuen Anklage gegen ihn im Bundesstaat Georgia. Die beispiellose Serie an Strafverfahren gegen den Präsidentschaftsbewerber wirft viele Fragen auf, die das US-Verfassungssystem bislang noch nicht zu beantworten hatte.

Kann Trump in jedem Fall für die Präsidentenwahl antreten?

Ja. Die Verfassung schreibt nur drei Anforderungen vor: Anwärter müssen gebürtige US-Bürger sein, mindestens 35 Jahre alt und seit mindestens 14 Jahren in den USA leben. Andere Vorgaben gibt es nicht. Laut Verfassung sind zwar all jene von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, die sich an einem Aufstand gegen die Regierung beteiligt haben. Allerdings wurde dieser Anklagepunkt bislang nicht gegen Trump erhoben. Selbst wenn das noch folgen sollte, würde Trump ohnehin nicht direkt vom Präsidentenamt ausgeschlossen, erklärt der Verfassungsrechtler Gregory Magarian von der Washington University in St. Louis. „Das geschieht nicht automatisch.“

Dürfte Trump trotz Haft zur Wahl antreten?

Ja. „Er kann für das Amt des Präsidenten kandidieren – auch wenn er verurteilt wird, auch wenn er im Gefängnis sitzt“, sagt Magarian. Mit dem Sozialisten Eugene Debs gab es 1920 schon einen Präsidentschaftskandidaten, der verurteilt wurde und die Wahl aus dem Gefängnis heraus bestreiten musste. Debs ging damals nicht als Sieger aus der Wahl hervor, fuhr aus der Haft heraus aber immerhin fast eine Million Stimmen ein. Auch für Trump wäre es möglich, aus dem Gefängnis Wahlkampf zu machen – allerdings wäre das eine logistische Herausforderung.

Dürfte Trump aus dem Gefängnis regieren?

„Rechtlich ja“, sagt Magarian. „Es gibt keine Verfassungsvorgabe, die besagt, dass eine Person, die inhaftiert ist, nicht als Präsident der Vereinigten Staaten dienen kann.“ Problem dabei sei aber, „dass ein Mann, der in einer Gefängniszelle sitzt, nicht die Dinge tun kann, die ein Präsident zu tun hat“, sagt der Jurist. Insofern könnte in so einem Fall der 25. Zusatzartikel der Verfassung zum Tragen kommen. Der besagt, dass der Vizepräsident und eine Mehrheit wichtiger Kabinettsmitglieder den Präsidenten für unfähig erklären können, sein Amt auszuüben. Wahrscheinlich wäre dies aber nicht, da Trump im Kabinett allein loyale Getreue um sich scharen dürfte. Trump könnte sich in einem solchen Fall vielmehr an ein Gericht wenden und seine Freilassung beantragen – mit der Begründung, nur so seine Amtspflichten erfüllen zu können.

Dürfte Trump – falls verurteilt – bei der Wahl selbst abstimmen?

Vermutlich nicht. In den meisten US-Bundesstaaten gibt es – in unterschiedlichen Varianten – Regeln, die es verurteilten Straftätern verbieten zu wählen. Das dürfte im Fall einer Verurteilung auch Trump treffen.

Könnte sich Trump als Präsident selbst begnadigen?

„Wir wissen es letztlich nicht, weil es noch nie passiert ist“, sagt Magarian. „Aber ich sehe keinen Grund, warum er es nicht könnte.“ Das würde aber lediglich für die beiden Fälle auf Bundesebene gelten – bei einer Verurteilung auf Bundesstaatenebene, in Trumps Fall in New York und Georgia, hätte der jeweilige Gouverneur über eine Begnadigung zu entscheiden. CHRISTIANE JACKE

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