115 Gesetze hat der Bundestag im vergangenen Jahr in 68 Sitzungen durchgewunken. Macht fast zwei Gesetze pro Sitzungstag. In dieser jetzt zu Ende gehenden Woche allein wurden wieder drei Gesetze auf den Weg gebracht: ein Gesetz zur geschlechtlichen Selbstbestimmung, die Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes und noch ein Gesetz, das den Informationsfluss im Bundesnachrichtendienst verbessern soll.
Und bald, wenn der Bundestag wieder voll im Betrieb ist, sollen gewichtige Gesetze dazukommen: das Heizungsgesetz des Klimaschutzministers, das von der Familienministerin betriebene Gesetz zur Kindergrundsicherung und das von Bundesfinanzminister Lindner geplante Entlastungspaket für Unternehmen.
Keinem dieser Gesetze möchte man einen sinnvollen Grundgedanken ganz absprechen. Aber der verschwindet im Nebel hinter hundert Einzelregelungen. Auch das Lindner’sche Gesetz ist zwar gut gemeint, bietet in Wahrheit aber zu wenig zur Lösung der Wirtschaftsprobleme am Standort Deutschland.
In ihrer Gesamtheit leiden die vielen Gesetze, die unsere Parlamente ausspucken, an einem irrigen, geradezu messianischen Glauben an die Kraft der Regierung, Dinge zu verbessern und zu steuern. Diese Kraft aber ist in Wahrheit gar nicht vorhanden. So haben schon die bisherigen Gesetze ein massives Vollzugsdefizit in diesem Land. Die Behörden sind trotz immer mehr Mitarbeitern überfordert und überhaupt nicht in der Lage, die vielen Gesetze zeitgerecht umzusetzen. Ein Gesetzgeber, der so wild mit Gesetzen um sich schlägt, vergisst auch, dass die staatlichen Ressourcen endlich sind. Die verschiedenen staatlichen Ziele stehen im Konflikt miteinander. So hat jedes Gesetz die unbeabsichtigte Folge, dass es anderswo fehlt. Dieser Staat lebt in einer ständigen Überforderung seiner Kräfte.
Anstatt ständig neue Gesetze zu verkünden, täte die Regierung gut daran, systematisch alte Gesetze, Verbote und Beschränkungen ersatzlos aufzuheben. Damit würden Rahmenbedingungen geschaffen, die es unnötig machen, die lahmende Wirtschaft mit Zöllen und unbezahlbaren Subventionen zu stützen. Die Bürokratie wird automatisch entlastet, wenn es weniger Gesetze, Verordnungen und Vorschriften gibt. So hat ein Ludwig Erhard einst das sogenannte Wirtschaftswunder gezündet, indem er Bewirtschaftungsvorschriften einfach aufgehoben hat.
Unsere Politiker sollten ihren Erfolg daran messen, wie viele Gesetze und bürokratische Hemmnisse sie ersatzlos gestrichen haben. Stattdessen rühmen sie sich damit, wie viele von den in die Koalitionsvereinbarung geschriebenen Vorhaben sie in immer mehr Gesetze gießen konnten.
Die Gesetzgebungsmanie und die damit verbundene Utopie, so eine immer bessere Welt schaffen zu können, sind leider nicht nur eine deutsche Krankheit. Als Interventionismus und Staatsgläubigkeit grassiert sie in vielen westlichen Ländern, besonders auch in dem Wirtschaftsprogramm des US-Präsidenten Biden.
Dieser neu ausgebrochene Glaube an die Allmacht des Staates ist wie eine schwere Krankheit. Wie alle Krankheiten einen lateinischen Namen haben, so habe ich dafür den Namen „Poly-lexitis“ gefunden. Die „Vielgesetzgebung“ ist es, die den Staat und uns alle vergessen lässt, dass jedes Regieren Grenzen hat und dass die beste Regierung immer noch diejenige ist, die mit möglichst wenig Staatseingriffen zurechtkommt.
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