Kiew/Moskau – Nach einem rätselhaften Flugzeugabsturz und Nachrichten vom Tod des Söldnerführers Jewgeni Prigoschin ist es seit Sonntag offiziell: Die russischen Behörden bestätigten, dass der Chef der Wagner-Gruppe am Mittwoch ums Leben gekommen ist. Dies meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf das staatliche Ermittlungskomitee. Fragen zur Absturzursache, zu Hintergründen sowie zu möglichen Tätern und Strippenziehern bleiben dagegen weiter unbeantwortet.
„Im Rahmen der Aufklärung des Flugzeugabsturzes im Gebiet Twer wurde eine molekular-genetisch Expertise durchgeführt“, teilte das Ermittlungskomitee mit. „Ihren Ergebnissen zufolge wurde die Identität aller zehn Toten festgestellt. Sie entspricht der veröffentlichten Passagierliste.“ Auch der militärische Anführer der Söldnertruppe, der Ex-Geheimdienstoffizier Dmitri Utkin, und andere Führungsfiguren der als brutal geltenden Wagner-Gruppe starben.
Derweil drohte eine Truppe rechtsgerichteter russischer Paramilitärs angeblich mit Befehlsverweigerung im seit 18 Monaten andauernden Ukraine-Krieg, weil einer ihrer Anführer in Finnland inhaftiert ist. Die russische Regierung solle dessen Ausreise nach Russland durchsetzen, fordert die Miliz Rusitsch. „Wenn ein Land seine Bürger nicht schützt, warum sollen die Bürger dann das Land schützen?“, hieß es auf einem Rusitsch-Kanal auf Telegram. Der Russe wird verdächtigt, 2014 und 2015 bei Kämpfen in der Ostukraine Gräueltaten gegen ukrainische Soldaten begangen zu haben. Die Ukraine verlangt deshalb seine Auslieferung.
Auch am Wochenende meldeten Moskau und Kiew wieder Luftangriffe. Mehrere Regionen in der Ukraine gerieten am Sonntagmorgen unter Beschuss russischer Marschflugkörper. Unter anderem wurde in den Außenbezirken von Kiew die Luftabwehr aktiviert. Im Umland von Kiew wurden demnach zehn Häuser, zwei Autos und eine Halle mit landwirtschaftlichen Maschinen durch herabstürzende Raketenteile beschädigt. Zwei Menschen seien leicht verletzt worden.
Aus Moskau gab es Berichte über ukrainische Drohnenangriffe über den Regionen Brjansk und Kursk. Die unbemannten Luftfahrzeuge seien über den Grenzregionen im Südwesten des Landes zerstört worden, teilte das Ministerium mit.
Obwohl Experten zuletzt Fortschritte sahen, kommt die Gegenoffensive der Ukrainer nur langsam voran. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, führt eine zögerliche militärische Unterstützung der westlichen Partner als einen Grund für die Schwierigkeiten an. „Russland hatte Zeit, um sich einzubarrikadieren“, sagte Makeiev dem „Deutschlandfunk“. „Man hat sehr lange gebraucht, um die ukrainischen Brigaden, Brigaden des Angriffes, vorzubereiten und auszustatten.“ Diese Brigaden seien nun voll mit westlichen Waffen und Munition. Die Ukraine habe keine Lufthoheit über ihr Territorium, sagte Makeiev. Daher sei die Lieferung der F-16-Kampfflugzeuge so wichtig – Dänemark, die Niederlande und Norwegen haben F-16 zugesagt.