Migrationskrise im „Big Apple“

von Redaktion

VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

New York – Das „Roosevelt“-Hotel im Herzen Manhattans feiert im kommenden Jahr seinen 100. Geburtstag. Doch heute verwehren Sicherheitskräfte hinter Barrikaden Touristen den Zugang zur einstigen Luxusherberge mit rund 1100 Zimmern, in denen früher die amerikanische High Society abstieg. „Nur Obdachlosen und Migranten“ sei der Zutritt im Hotel erlaubt, erklärt dem Reporter einer der Wächter.

Wer von der Madison Avenue auf den gewaltigen Bau blickt, sieht in den Fenstern Unterwäsche und T-Shirts, die zum Trocknen aufgehängt wurden. Auf den Fluren des „Roosevelt“, benannt nach dem früheren Präsidenten Theodore Roosevelt und von reichen Eisenbahnern mit großem Aufwand errichtet, gibt es regelmäßig Prügeleien, wie Insider berichten. Und die „New York Post“ und andere Medien druckten kürzlich das Foto eines Mannes, der nicht weit vom „Roosevelt“ zusammengesunken auf dem Bürgersteig sitzt, die Heroinnadel noch aus dem Arm hängend. Andere Aufnahmen zeigen, wie dutzende Migranten vor dem Eingang zum überfüllten Hotel auf Pappkartons die Nacht verbringen.

Das „Roosevelt“ ist das wohl treffendste Symbol für die Migrationskrise, die tief im Südwesten der USA an der Grenze zu Mexiko beginnt und nun in den Metropolen der Ostküste endet. New Yorks Bürgermeister Eric Adams, wie der US-Präsident ein Demokrat, leidet politisch enorm darunter. Wohin mit tausenden zumeist illegal ins Land gekommenen Menschen, die angesichts überfüllter Notaufnahme-Lager irgendwo wohnen müssen? In New York – wo die Durchschnittsmiete für ein Ein-Zimmer-Apartment mittlerweile bei umgerechnet 2500 Euro liegt – ist Wohnraum knapp.

Deshalb hat Adams mit den Eigentümern des „Roosevelt“ einen für diese lukrativen Deal ausgehandelt. Das Hotel wurde für städtische Zwecke reserviert, und pro Nacht und Zimmer sollen die Besitzer rund 200 Euro erhalten. Und weil mittlerweile bereits jedes Zimmer belegt ist, hat Adams jetzt auch noch eine Zeltstadt auf Randall’s Island nahe der Bronx und Harlem errichten lassen, deren Unterhalt die Stadt 20 Millionen Euro pro Monat kostet.

War New York einst von Einwanderern vor allem aus Europa geprägt, die jahrzehntelang legal über Ellis Island in den „Big Apple“ strömten, so hat sich die Stimmung hier nun drastisch gewandelt. Einer frischen Umfrage zufolge sehen 82 Prozent der New Yorker den Zustrom von zumeist unerlaubt eingereisten Menschen vor allem aus Mittelamerika als „ernstes Problem“. Bemerkenswert dabei: 77 Prozent der Befragten waren – wie Biden und Adams – Demokraten und 74 Prozent Bürger mit lateinamerikanischen Wurzeln. Eine Stimmung, die sich auch in anderen Großstädten wie Boston oder Chicago – traditionell Hochburgen der Demokraten – findet.

Doch im Weißen Haus sieht man es bisher offenbar anders. Die US-Regierung von Präsident Joe Biden erweckt vielmehr den Eindruck, als wolle sie die illegale Einwanderung nicht bremsen, sondern noch fördern. Im Grenzbereich Tucson im Bundesstaat Arizona allein wurden im Juli diesen Jahres über 42 000 illegale Einwanderer aufgegriffen – eine Zunahme von über 50 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Und in Arizona wurden jetzt Berichten zufolge 114 Tore in der Grenzbefestigung geöffnet. Fotos zeigen, wie Migranten die unerwartete Chance nutzen. Biden-Kritiker vermuten dahinter das Ziel, im Kongress eine Amnestie für illegal im Land lebende und neu ankommende Migranten durchsetzen zu können. Das würde nicht nur ein Aufenthalts- und Arbeitsrecht sichern, sondern auch einen Weg zur späteren Staatsbürgerschaft und zum Wahlrecht.

Viel spricht dafür, dass das Einwanderungsthema bei den anstehenden Wahlen 2024 zu den dominierenden innenpolitischen Debatten gehören wird. Die Kernfrage dabei ist, ob die Zustände in von Demokraten dominierten Städten wie New York – das 100 000 Migranten in den letzten zwölf Monaten aufnehmen musste – Biden schaden. Kritik kommt bereits jetzt auch aus den eigenen Reihen.

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