Warum Trump wohl hinter Gitter muss

von Redaktion

VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

Washington – „Nicht schuldig“. Das war am Donnerstag die schriftlich übermittelte Aussage von Donald Trump für das Gericht im US-Bundesstaat Georgia, vor dem die Strafanklage gegen den Präsidentschaftskandidaten 2024 verhandelt wird, Man wirft ihm vor, zusammen mit 18 Mitangeklagten eine „kriminelle Vereinigung“ gebildet zu haben, um das Wahlergebnis 2020 nicht nur infrage zu stellen, sondern auch zu seinen Gunsten umzukehren. Welche Folgen werden dieses und drei weitere Strafverfahren für den Republikaner haben? Schon jetzt sprechen vier Gründe dafür, dass es Trump erstmals in seiner Karriere nicht schaffen wird, zumindest die Verurteilung in einem der Prozesse und eine Haftstrafe zu vermeiden.

Der Standort-Faktor: Trump muss in New York, Washington, Florida und in Georgia Rede und Antwort stehen. Abgesehen von Florida sind die anderen Gerichts-Örtlichkeiten schwieriges Terrain. Die Staatsanwälte in New York, Washington und Georgia hatten es leicht, sich ihre Anklagen von Geschworenen absegnen zu lassen – alle drei Regionen sind Hochburgen der Demokraten. Im Prozess wird sich Trump mit einem politisch feindlichen Klima konfrontiert sehen, denn die Geschworenenjury wird die Partei-Präferenzen des Standorts klar reflektieren. Ausnahme ist Florida, wo Trump sich im August 2024 wegen des angeblich strafbaren Umgangs mit Geheimdokumenten verantworten muss.

Der Faktor Geld: Fähige Verteidiger für ein Strafverfahren zu finden, dürfte für Trump nicht leicht sein. Zum einen bedeutet jedes seiner Verfahren, dass ein Anwalt für Monate alle anderen Mandanten auf Eis legen muss. Zum anderen kommt Trump mit dem Ballast, in der Vergangenheit immer wieder Rechnungen nicht gezahlt zu haben. Und: Er gilt als schwieriger, rechthaberischer Mandant, der gerne und viel redet – für jeden Strafverteidiger ein Albtraum. Ein zwei- bis dreiwöchiges Verfahren dürfte Trump pro Tag und pro Anwalt bis zu 30 000 Euro kosten. Im Anwaltsteam Trumps befinden sich derzeit ein halbes Dutzend Rechtsexperten. Und die Finanzen werden bereits knapp. Sein Wiederwahl-Budget, aus dem Trump auch seine juristischen Ausgaben bestreitet, soll laut „USA Today“ auf gerade einmal vier Millionen Euro geschrumpft sein. Um seine Bar-Kaution von knapp 200 000 Euro in Georgia zu zahlen, musste sich Trump dem Blatt zufolge kürzlich sogar Geld leihen. Neue Einnahmen erhofft sich der Bewerber nun auch von der Kommerzialisierung seines Festnahmefotos.

Der Faktor Zeit: Einen langen Wahlkampf für das Weiße Haus zu führen und sich gleichzeitig in vier Strafverfahren hintereinander zu verantworten, ist ein absolutes Novum in der US-Geschichte. Trump bekommt dabei nicht den Bonus, den Hillary Clinton 2016 vom US-Justizministerium erhalten hatte. Clinton hatte jahrelang unter Verstoß gegen Vorschriften geheime Dienst-E-Mails als Außenministerin über einen privaten Server in ihrer Villa laufen lassen. Nachdem der Kongress eine Einsicht in die Mails verlangte, ließ die Demokratin durch ihre Anwälte mehr als 30 000 Mails löschen, weil diese angeblich privater Natur gewesen seien. FBI-Direktor James Comey warf Clinton damals „extrem nachlässigen“ Umgang mit Geheimmaterial vor – im Prinzip derselbe Vorwurf, der Trump nun in Florida gemacht wird. Doch das Justizministerium unter der Oberaufsicht Barack Obamas folgte der umstrittenen Empfehlung Comeys, keine Anklage zu erheben. Einer der maßgeblichen Gründe: Man wollte im Wahljahr 2016 keinen Einfluss auf den Ausgang der Abstimmung nehmen.

Der Faktor Politik: Trump behauptet schon jetzt, es werde keine fairen Verfahren für ihn geben. Er sieht sich als „politisch verfolgt“. Kurioserweise zeigte jetzt eine Umfrage, dass auch die Mehrheit aller US-Bürger glaubt, bei den Anklagen gegen Trump würden politische Motive eine große Rolle spielen. Das dürfte auch an einigen Fakten liegen: Alle Staatsanwälte, die die Terminansetzungen in den Prozessen untereinander koordiniert und gestaffelt haben, sind entweder auf dem Ticket der Demokraten ins Amt gekommen oder stehen der Partei Joe Bidens nahe. Und Richterin Tanya Chutkan, von Obama ins Amt berufen, setzte jetzt den Prozessbeginn in Washington – wo es um Trumps Rolle beim Sturm auf das Kapitol geht – auf den 4. März 2024 fest. Ein Zufall dürfte dies nicht sein: Einen Tag später, am „Super Tuesday“, wird in einem Dutzend Bundesstaaten über den Präsidentschaftskandidaten der Republikaner abgestimmt. Für Trump ein enorm wichtiges Datum.

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