Bayerischer Bruderkrieg

Wenn Aiwanger steht, muss es Söder auch

von Redaktion

VON GEORG ANASTASIADIS

Sieh an. Die FDP fordert den Wiederaufbau der zuletzt stillgelegten Atommeiler, um die Energieversorgung zu retten. CSU-Chef Söder, der das schon vor fast einem halben Jahr verlangt hat, könnte die FDP-Volte in besseren Zeiten als weiteren Punktsieg gegen die Schnellspanner von der Berliner Ampel feiern. Doch für Energiesicherheit interessieren sich Söders Landeskinder gerade überhaupt nicht. Sie sind berauscht vom Hallodri Aiwanger. Söders Angstgegner badet trotz Lügenvorwürfen und gewaltigen Erinnerungslücken Abend für Abend im Drachenblut der Ovationen, die ihm seine Fans in den Bierzelten bereiten. Für sie zählt nur: Aiwanger steht, wo Söder manchmal schwankt.

Der CSU-Chef, wahrlich kein Kind von Traurigkeit, ist ausnahmsweise mal unschuldig, bekommt aber im Landtagswahlkampf eingeschenkt, als gelte es für alle Missetaten eines politischen Lebens zu büßen. Bayern fragt sich, ob Aiwanger seinen Skandal überlebt – aber die gleiche Frage stellt sich Söder gerade für sich selbst. Ganz gleich, wie er im Fall seines Stellvertreters entscheidet, dem Ministerpräsidenten droht schlimmes Unheil an der Wahlurne. Lässt er den niederbayerischen Volkstribun fallen, rächen sich dessen Fans mit dem Stimmzettel. Hält er ihn aber im Amt, wenden sich die von der CSU ab, die auf Anstand und Ehrbarkeit in der Politik pochen. Ob die CSU ihrem Chef am Ende aber ein Einknicken plus ein Wahlergebnis von 35 minus X verzeiht, ist fraglich.

Nun darf man annehmen, dass jene, deren Herz für Aiwanger schlägt, diesen sowieso wählen werden, gleich wie sich Söder entscheidet. Der CSU-Chef weiß: Nach einem starken Wahlergebnis wird sein Rivale bald noch mehr aufdrehen. Die Freien Wähler scheinen sich entschlossen zu haben, mit ihrem Anführer durch dick und dünn zu gehen, auch wenn sie dabei ihre Unschuld verlieren. Mit seinem Ultimatum an Aiwanger zur Beantwortung der 25 Fragen versucht Söder, das Heft des Handelns zurückzugewinnen. Doch viel Raum für Manöver bleibt ihm nicht mehr. Wenn Aiwanger steht, dann muss diesmal auch Söder stehen. Sonst gehört er der Katz, und seine altehrwürdige CSU mit ihm.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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