Der Mann, der die Ukraine mit Waffen versorgt

von Redaktion

Mitten im Krieg: Wechsel im Verteidigungsministerium – Wer ist dieser Rustem Umjerow?

Kiew – Erstmals seit dem russischen Überfall besetzt die Ukraine eines der beiden vom Präsidenten bestimmten Schlüsselministerien neu. Wolodymyr Selenskyj kündigte die Entlassung von Verteidigungsminister Olexij Resnikow an, der vom Krimtataren Rustem Umjerow ersetzt wird.

Der Entlassung des als äußerst loyal geltenden Resnikows waren öffentliche Skandale um überteuerte Käufe von Lebensmitteln und Winterausrüstung für die Armee vorangegangen. Besonders in Bedrängnis geraten sein dürfte Resnikow jedoch wegen der systematischen Korruption bei den Kreiswehrersatzämtern und den dazugehörigen medizinischen Musterungskommissionen. Für Beobachter ist es schwer vorstellbar, dass das Ausmaß des Freikaufs vom Wehrdienst der Ministeriumsführung in Kiew wirklich unbekannt war. Mit der Entlassung versucht Selenskyj auch die Aufmerksamkeit von sich und seiner Personalpolitik abzulenken. Resnikows, der bislang vor allem den Zufluss von Waffen aus dem Westen sicherstellen musste, wirkte am Montag fast erleichtert. Er darf nun wohl den entspannteren Posten als Botschafter in London antreten.

Nachfolger Rustem Umjerow gilt im politischen Kiew wie seine Vorgänger als Mann des Präsidentenbürochefs Andrij Jermak. „Es ändert sich nur der Familienname“, schrieb der Chefredakteur der Internetseite Censor.net, Jurij Butussow. Die Hauptsache sei es, dass der Informationsfluss zum Präsidenten weiter von Jermak kontrolliert werde. „Und derjenige, der in die Ohren von Selenskyj gelangt, der kann Probleme in überhaupt allen Bereichen lösen“, betonte der Journalist. Für Selenskyj besonders wichtig sei es, dass er vorerst vor allen Korruptionsskandalen und inkompetenten Entscheidungen unter Verweis auf den neuen Minister geschützt werde.

Der 41-jährige Umjerow stieg spät in die öffentliche Politik ein. Im Gebiet Samarkand in Usbekistan geboren, kommt er aus einer 1944 von den sowjetischen Machthabern nach Zentralasien deportierten Familie von Krimtataren. Erst Ende der 1980er-Jahre gelang ihnen die Rückkehr an die Südküste der Schwarzmeerhalbinsel. Als ausgezeichneter Schüler erhielt er 1999 ein Stipendium für ein Austauschjahr in den USA. Nach Studienabschlüssen in Wirtschaft und Finanzen arbeitete er in verschiedenen Unternehmen, zuletzt in der Investmentbranche.

Parallel engagierte sich der verheiratete Vater von zwei Kindern im Umfeld der krimtatarischen Selbstverwaltung. Nach der Annexion der Halbinsel 2014 gehörte Umjerow zu den Unterhändlern, die sich mit türkischer Vermittlung für die Freilassung von aus politischen Gründen von Russland inhaftierten Krimtataren einsetzten.

Als Parteiloser gelangte er über die Liste der westlich orientierten Partei „Holos“ 2019 ins Parlament. Nach dem Einmarsch der Russen vor 18 Monaten begann der Aufstieg des gut in der Türkei vernetzten Umjerow bei den Verhandlungen mit der russischen Seite in Istanbul. Im September 2022 wurde dem Investmentprofi dann die Leitung des Fonds für Staatsvermögen übertragen.

Ein Jahr später ist Umjewrow nun designierter Verteidigungsminister. Seine Ernennung durch das Parlament wird noch in dieser Woche erwartet. Ob er einen guten Draht zu den westlichen Verbündeten entwickeln kann, muss er noch unter Beweis stellen. ANDREAS STEIN

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