Medien-Schelte am Gillamoos

Ihre Verantwortung, Herr Merz

von Redaktion

VON MARCUS MÄCKLER

Man muss nicht jeden Satz auf die Goldwaage legen, manche aber unbedingt. Friedrich Merz hat den Medien im Zusammenhang mit dem Fall Aiwanger geraten, an die Verantwortung zu denken, die sie in diesem Land haben. Wäre es im lauten Gillamoos-Zelt möglich gewesen, hätte man ihm gerne entgegnet, er möge doch bitte dasselbe tun.

Ohne es auszusprechen, nährt der CDU-Chef mit seinem groben Appell (als gäbe es so etwas wie die Medien) Zweifel an der Redlichkeit einer ganzen Branche, die lange nur an den keifenden Rändern existierten – längst aber auch in die Mitte einsickern. Das zeigt sich auch jetzt: Irritierenderweise können sich viele darauf einigen, die Enthüllungen um das ekelhafte Flugblatt lägen nicht im öffentlichen Interesse, sondern seien reine (aktivistische) Kampagne mit dem Ziel, einen aufrechten Unbequemen loszuwerden. Keine Frage: An der Berichterstattung lässt sich vieles kritisch hinterfragen, von den zunächst anonymen Zeugen bis zum Ton, der verurteilte, wo es nur einen Verdacht gab. Aber dass genau diese Debatte – vielleicht am härtesten – innerhalb der Medienbranche geführt wurde, belegt doch, wie restlos überflüssig Merz’ Pauschal-Schelte war.

Es ist schlimm genug, dass der vergessliche Herr Aiwanger lieber dreimal täglich „böse Presse“ ruft, als sich einmal aufrichtig zu erklären. Nun springt ihm der CDU-Chef auch noch indirekt bei, statt die Diskreditierung zu ächten. Man müsste ihn fragen, was ihm denn lieber gewesen wäre – gar nichts von der Flugblatt-Geschichte zu erfahren? Das wäre dann in der Tat ein Problem für die Demokratie.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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