Manchmal kann man sich über diese Republik nur wundern: Da veröffentlichte Jan Böhmermann, der einst als TV-Komiker anfing, sich aber mindestens als Investigativjournalist empfindet und dabei als oberster Moralapostel des Landes geriert, Vorwürfe gegen den Leiter einer Bundesbehörde. Die Innenministerin feuert diesen daraufhin – und jetzt, da sich herausstellt, dass die vermeintlichen Enthüllungen keinesfalls zum Skandal taugen, geht Nancy Faeser (SPD) auf Tauchstation.
Klar: Dass die ganze Geschichte um Arne Schönbohm und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) ausgerechnet kurz vor der Landtagswahl in Hessen Wellen schlägt, ist sicher genauso wenig Zufall, wie die Enthüllungen um Hubert Aiwanger in Bayern. Aber hier wie dort irritiert der schwache Umgang mit den Vorwürfen. Natürlich mussten bei der Ministerin kurz nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine alle Alarmglocken schrillen, als Deutschlands wichtigstem Cyberschützer zu enge Drähte nach Moskau vorgeworfen wurden. Dennoch wäre bis zur finalen Absetzung Schönbohms eine sorgfältige Untersuchung der Vorwürfe nötig gewesen. Aber – und das ist der eigentliche Skandal am ganzen Vorgang: Einem TV-Satiriker mit vielen Followern in den Sozialen Netzwerken schenkte man mehr Glauben als dem Behördenleiter.
Heute drückt sich Faeser vor der Aufarbeitung im Parlament und gibt lieber Wahlkampfinterviews in Hessen. Damit darf sie nicht durchkommen.
Mike.Schier@ovb.net