München/Berlin – An Hitze fehlt es nicht bei der abschließenden Debatte zum sogenannten Heizungsgesetz im Bundestag. Den „Gipfel der Respektlosigkeit“, wirft CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Ampel vor. „Ein Desaster für den Parlamentarismus“, erkennt Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Und Jens Spahn (CDU) spricht vom „Konjunkturprogramm für die Populisten in diesem Land“.
Rückblick: Während die SPD Anfang Juli gerade ihr Sommerfest feierte, wurde die Entscheidung aus Karlsruhe bekannt. Das Bundesverfassungsgericht hat das neue Heizungsgesetz gestoppt, weil in den eng gesteckten Beratungen den Parlamentariern zu wenig Zeit zur Einarbeitung gelassen wurde. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann hatte deshalb einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung gestellt – mit Erfolg. Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) soll sich auf den Schock erst mal ein Eis geholt haben. Die Koalition beschloss dann, dass das Gesetz nach der Sommerpause im Bundestag verabschiedet werden soll. Am Freitag ist es so weit.
Doch seitdem haben auch die Abgeordneten der Opposition zwar genug Zeit gehabt, sich tief einzulesen – mehr aber auch nicht, wie Dobrindt beklagt: „Keine einzige Minute“ sei mehr im Bundestag beraten worden, „keine Expertenanhörung“ habe es mehr gegeben. Dies sei eine Missachtung des Parlaments und des Bundesverfassungsgerichts. Und auch gegen die Inhalte teilt Dobrindt noch einmal aus. „Es gibt Angst in der Bevölkerung“, ruft er. Und die Sorge vieler Bürger, sich eine neue Heizung nach Vorschrift nicht leisten zu können, sei berechtigt.
Der Kern des Gesetzes: Ab Januar 2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent Erneuerbarer Energie betrieben werden. Die Regelungen sollen von 2024 an unmittelbar erst einmal nur für Neubaugebiete gelten. Für Bestandsgebäude soll die jeweilige kommunale Wärmeplanung abgewartet werden dürfen, die Städte und Gemeinden je nach Größe 2026 bzw. 2028 vorlegen sollen. Bestehende Heizungen sollen weiterlaufen und auch repariert werden können. Der Staat übernimmt unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 70 Prozent der Kosten für eine neue Heizung. Die maximal förderfähigen Kosten sollen zum Beispiel bei einem Einfamilienhaus bei 30 000 Euro liegen. Der maximale staatliche Zuschuss liegt also bei 21 000 Euro.
Aus der Ampel erhält Dobrindt den erwarteten Gegenwind. Er habe befürchtet, dass der CSU-Mann eine solche Rede halten werde, steigt Matthias Miersch (SPD) ein. Gleichzeitig habe die Union über den Sommer aber keinen einzigen Gegenvorschlag vorgebracht.
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verteidigt sein Gesetz. Es schaffe Rechtssicherheit, es schütze die Verbraucher vor hohen Energiepreisen und beinhalte, dass die Kommunen und die Verbände mitgenommen werden. Es sorge für eine soziale Ausbalancierung. „Es ist ein gutes Gesetz.“
FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler stellt sich zudem dem Anwurf entgegen, das Gesetz sei am Parlament vorbei entstanden. „Dieses Gesetz ist im Parlament verändert worden“, sagt der Münchner. Was wiederum Thomas Heilmann – der CDU-Abgeordnete, der erfolgreich geklagt hatte – zu dem Hinweis motiviert: „Ihre ampel-interne Meinungsbildung hat nichts mit einem parlamentarischen Verfahren zu tun.“
Tatsächlich war in der Ampel-Koalition lange gestritten worden. Habecks ursprüngliche Fassung enthielt strengere Regeln, die der FDP zu weit gingen. Doch auch der Klimaschutzeffekt des Gesetzes wird nun um rund ein Viertel geringer ausfallen als einmal angenommen, wie eine von Habecks Wirtschaftsministerium vorgelegte Berechnung zeigt.