Das Internet hat auch unser erotisches Leben grundlegend verändert. Partner finden sich heute über Beziehungsportale wie „ElitePartner“. Bei direkten Begegnungen genügen ein Blick und ein Augenaufschlag zum Verlieben. Auf den Portalen dagegen muss erst viel hin und her gemailt werden und es gibt auch tiefgründige Unterhaltungen mit smartem Humor, bevor es so funkt, dass es zur ersten realen Begegnung kommt.
Daher ist es kein Wunder, wie neue Studien nahelegen, dass Humor, Kommunikationsfähigkeit und Intelligenz heute bei der Partnerwahl einen höheren Stellenwert haben als ein schönes Aussehen.
Im englischen Sprachraum ist dazu schon der Begriff „Sapiosexualität“ entstanden aus lateinisch sapere = Wissen und Sexualität. Damit wird die erotische Hingezogenheit zum Intellekt einer anderen Person bezeichnet. Sapiosexuell nennen sich Menschen, die Intelligenz erotisch besonders anziehend finden. Es ist einfach eine Vorliebe bei der Wahl des richtigen Partners zum ersten Dating.
Dass Intelligenz und Humor bei der Liebeswerbung Erfolg bringen, ist aber in Wahrheit nichts wirklich Neues. Athletischen Männern mit Waschbrettbauch fehlt doch einiges, um kluge Frauen zu beeindrucken.
Erotische Liebe ist eben für beide Geschlechter sehr viel mehr als die spontane Begierde nach einem einzelnen schönen Körper. Im Jahre 416 vor Christus hat dazu schon der griechische Philosoph Platon in seinem Werk „Das Gastmahl“ das Entscheidende für alle Zeiten sagen lassen. Bei diesem Symposium lässt er berühmte Persönlichkeiten des damaligen Athen, darunter den Komödiendichter Aristophanes und seinen Lehrer Sokrates, auftreten. Sie halten der Reihe nach Reden über die Erotik, in denen sie das Wirken des Gottes Eros schildern.
Im Mittelpunkt dieser Reden über die Liebe steht wie immer bei Platon der weise Philosoph Sokrates. Obwohl dessen Aussehen rein körperlich weit vom Schönheitsideal seiner Zeit entfernt ist, behauptet der sonst so bescheidene Philosoph, die Liebe sei das einzige Wissensgebiet, von dem er etwas verstehe. In seiner Rede führt er seine Zuhörer von der körperlichen Liebe zu dem für ihn würdigsten Ziel, der Wahrnehmung des nur geistig erfassbaren „Schönen an sich“. Erst mit dieser Idee des absolut Schönen erreiche die Sehnsucht jeder Erotik ihre Erfüllung.
Am Ende lässt Platon in seinem Gastmahl den arroganten, jugendlichen Politiker Alkibiades auftreten. Er erscheint leicht angetrunken mit einer schönen Flötenbläserin. Der gut aussehende, vom Erfolg verwöhnte Alkibiades muss aber berichten, dass er sich eingebildet habe, er könne dank seiner physischen Attraktivität den Sokrates für die Liebe gewinnen. Zu seinem Leidwesen aber müsse er bekennen, dass alle seine Versuche, den Philosophen damit sexuell zu verführen, kläglich gescheitert seien.
In den Dating-Plattformen erlebt nun auch die intelligente Werbung ihre digitale Auferstehung. Die Liebe aber bleibt wie schon vor 2500 Jahren. Sie hemmet nichts, „sie ist ohn’ Anbeginn, schlägt ewig ihre Flügel und dringt in alles sich“ – auch in das Internet.
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