Ist Xi Jinping schwer krank?

von Redaktion

VON SVEN HAUBERG

München – Es war ein Gipfeltreffen, das wohl in die Geschichtsbücher eingehen wird: Am vergangenen Wochenende trafen sich in Neu-Delhi die Staats- und Regierungschefs der G20, der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Von einem „neuen Miteinander von Nord und Süd“ sprach anschließend Bundeskanzler Olaf Scholz, und sogar auf eine gemeinsame Abschlusserklärung konnte sich die äußerst heterogene Staatengruppe einigen. Zwei Staatsoberhäupter aber fehlten, als in Indiens Hauptstadt Geschichte geschrieben wurde: Russlands Präsident Wladimir Putin, der wegen des Angriffskrieges auf die Ukraine vom Westen geächtet wird – und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping.

Dass Xi Jinping nicht nach Neu-Delhi fliegen würde, war schon einige Tage vorher bekannt geworden. Am Montag vor dem Gipfel hatte das Außenministerium in Peking erklärt, dass Ministerpräsident Li Qiang anstelle von Xi nach Neu-Delhi reisen würde. Warum Xi das Treffen erstmals ausfallen ließ, ließ das Ministerium allerdings offen. Und so schießen derzeit die Spekulationen ins Kraut. Viele vermuteten politische Gründe. Doch es gibt auch andere Gerüchte: Ist Xi Jinping etwa schwer krank?

Mehrere deutsche Medien jedenfalls kramten zuletzt Berichte aus dem vergangenen Jahr hervor, nach denen Xi Jinping an einem lebensbedrohlichem Aneurysma im Hirn leide. Eine solche krankhafte Erweiterung von Gefäßen kann plötzlich platzen und folglich lebensbedrohlich sein — oder aber auch dauerhaft ohne Auswirkungen bleiben. Möglich ist auch, dass Betroffene Störungen des Sprach-, Seh- oder Hörvermögens entwickeln. Über Xis angebliche Erkrankung hatte 2022 die indische Nachrichtenagentur ANI berichtet, mehrere Zeitungen griffen die Meldung damals auf. Xi sei Ende 2021 wegen des Aneurysmas im Krankenhaus gewesen, hieß es – eine Operation lehne er aber ab. Stattdessen setze Xi „auf traditionelle chinesische Medizin“, so ANI. Belege für die Behauptungen lieferte die Agentur indes nicht.

Überhaupt scheint Xi Jinping derzeit bei guter Gesundheit: Am Freitag besuchte der Staatschef, der auch Oberbefehlshaber der Volksbefreiungsarmee ist, eine Militäreinheit in Nordchina. Auf Bildern, die Staatsmedien am Sonntag veröffentlichten, wirkte der 70-Jährige jedenfalls so fit wie viele andere Männer in seinem Alter.

Angeheizt werden die aktuellen Spekulationen über Xi Jinping durch seinen Auftritt beim Brics-Gipfel in Südafrika Ende August. Zwar war Xi wie geplant nach Johannesburg gereist. Seine eigentlich für den 22. August angesetzte Rede auf dem Brics-Wirtschaftsforum ließ Chinas Staatschef allerdings ausfallen; stattdessen schickte er überraschend und ohne Begründung seinen Handelsminister vor. Am nächsten Tag nahm Xi wieder Termine wahr.

Chinas Staatsmedien gehen in der Regel sehr vorsichtig mit Informationen über den Gesundheitszustand oder den Aufenthaltsort der Staatsführung um. Bilder wie jene von Bundeskanzler Olaf Scholz mit Augenklappe dürfte man von chinesischen Spitzenpolitikern kaum zu sehen bekommen. Oft wird über Termine, die Xi Jinping wahrgenommen hat, zudem erst mit mehreren Tagen Verzögerung berichtet. Xi ist dann meist bereits zurück in Peking.

Xi Jinpings Fernbleiben vom G20-Gipfel in Neu-Delhi könnte derweil viele Gründe haben. So befindet sich China seit Jahrzehnten in einem ungelösten Dauerkonflikt mit Indien um die gemeinsame Grenze. Außerdem ist Indien Teil der Quad-Gruppe, eines losen Militärbündnisses, dem noch Australien, Japan und die USA angehören – Staaten, die China derzeit alles andere als freundlich gesinnt sind. Auch dass Indien dem Dalai Lama seit seiner Flucht aus Tibet im Jahr 1959 Exil gewährt, verärgert Peking.

Sollte es Xi darum gegangen sein, Modi mit seiner Abwesenheit zu demütigen, ist ihm das kaum geglückt. Indiens Ministerpräsident verbuchte den Gipfel als großen Erfolg – für sich und sein Land.

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