In einer perfekten Welt gäbe es seit 2022 zwei Stromautobahnen, die Süddeutschland pünktlich zum Atomausstieg mit dem steten Ertrag der Nordseewindparks versorgen. Doch stattdessen sehen wir ein Lehrstück über die Schadenskraft des Populismus: Der erste Spatenstich der Stromtrassen war gestern, Bayern wird noch Jahre viel teuren Gas- und Wasserstrom brauchen.
Denn zu verlockend war es 2014 für Horst Seehofer und Hubert Aiwanger, sich hinter die Bürger-Proteste gegen die „Monstertrassen“ zu stellen. Statt zu vermitteln, dass die Leitungen nötig sind, um Bayern mit perspektivisch günstiger Energie zu versorgen, wurde lieber ein eigener Weg beschworen. Doch dieser Pfad war steinig: Um die Stimmen der Windkraftgegner einzusammeln, kam mit 10-H de facto ein Ausbauverbot auch in Bayern.
Der Freistaat ist der Verlierer dieses Schildbürgerstreichs. Die Wirtschaft macht keinen Hehl aus ihrem Unmut, fordert bei jeder Gelegenheit Tempo für die Stromtrassen. Dass die hohen Stromkosten in Bayern erträglich sind, liegt am Einheitspreis, durch den sie auf die ganze Republik umgelegt werden. Noch – denn es droht ein EU-Verfahren: Kriegt Deutschland das Gefälle nicht in den Griff, könnte die Republik in unterschiedliche Strompreiszonen aufgeteilt werden. Der Verlierer: wieder Bayern.
Die Staatsregierung kann jetzt handfest gegensteuern: Mehr Flächen für Windkraft, ein angemessener Fördertopf für Geothermie und ein schnellerer Verteilnetzausbau würden deutlich Druck vom Kessel nehmen.
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