Zum Bayerntrend

Die neue Lage im bürgerlichen Lager

von Redaktion

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Heute ist Wahltag in Bayern. Gestern auch. Und morgen. Weil die Briefwahl längst läuft, erstmals mehr als jede zweite Stimme vorher abgegeben wird, lassen sich Umfragen nicht mehr gemütlich als „Momentaufnahme“ abschütteln. Jeder Moment zählt schon. Der aktuelle „Bayerntrend“ ist deshalb brisant. Auch wenn sich seine Zahlen nur schwer erklären lassen. Wie kann es zum Beispiel sein, dass eine besonnen-konstruktiv auftretende FDP nach den Aiwanger-Querelen noch absackt? Dass der unbestrittene Fleiß eines CSU-Kandidaten Söder in einem Rekordtief seiner Partei zu münden droht?

Bayern ist nicht über Nacht links geworden, wird es nie. Noch immer sammeln sich rund zwei Drittel der Wähler rechts von SPD und Grünen, wie seit Jahrzehnten. Im bürgerlichen Lager aber verschieben sich die Gewichte immer stärker. Mit 36 Prozent erreicht die CSU nur noch gut die Hälfte dieses Spektrums. Mit anderen Worten: Die CSU verliert Bindekraft. Und das in Monaten des Zorns über die Ampel in Berlin und angesichts einer starken bayerischen Datenlage auf fast allen Politikfeldern.

Historisch gab es solche Herausforderungen selten, aber wenn, dann bewältigte sie die ewige Regierungspartei. In den 50ern marginalisierte sie die Bayernpartei, ab den 80ern die Republikaner, stets über längere Wegstrecken. Es wirkt so, als fehle ihr heute die Kraft dazu. Als begnüge sie sich mit dem „Ist halt so“-Verweis auf zersplitterte Parteiensysteme und unruhige Zeiten. Stimmt beides, aber genügt nicht. Die auf Söder zugeschnittene CSU wird sich nach dieser Wahl intensiv fragen, warum ihr Glaubwürdigkeit fehlt. Und was sie ändern muss, um künftig mehr als nur ein gutes Drittel der Bayern von sich zu überzeugen.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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