München – Im Gleichschritt schreiten die beiden Männer die Treppen der bayerischen Staatskanzlei herunter. Sie sind nicht nur etwa gleich groß, im ähnlichen Alter (50, 56), sondern teilen auch eine politische Heimat – bürgerlich, konservativ. Bei Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Österreichs Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) herrscht große Einigkeit, das ist nicht zu übersehen. Und das wird am Dienstag im Schatten der Ahornbäume des Hofgartens auch zu Genüge betont.
Sie seien nicht nur „Freunde, Nachbarn“, sondern eben auch „Verbündete im Geiste“, sagt Söder. Was er mit dieser Verbundenheit genau meint, macht er gleich zu Beginn klar. Vor allem sei über Migrationspolitik gesprochen worden, wo sich „Österreich in Europa fast zu einem Vorbild entwickelt“ hat, sagt Söder. Ein Thema, ein Besuch aus Österreich – beides ist knapp vier Wochen vor der bayerischen Landtagswahl wohlplatziert.
Für Söder im Wahlkampf steht jedenfalls fest: „Mehr Wien statt Berlin.“ Während im ersten Halbjahr die Zahl der Asylanträge in Österreich um 30 Prozent gesunken sei, gebe es in Deutschland dagegen ein Plus von 77 Prozent. Wen er dafür verantwortlich macht, daraus macht Söder kein Hehl. In Anlehnung an Bundeskanzler Olaf Scholz’ (SPD) jüngste Idee, fordert der CSU-Chef auch einen „Deutschland-Pakt“, jedoch „gegen unkontrollierte Zuwanderung“.
Und dafür hat Söder auch schon ein ganzes Portfolio an Forderungen zusammengestellt: mehr Grenzschutz in ganz Deutschland, Stopp der Sonderaufnahmeprogramme (wie etwa für Afghanistan), ein Sonderrückführprogramm (insbesondere zur Abschiebung von Straftätern) und mehr Länder als sichere Herkunftsstaaten ausweisen (etwa die Maghrebstaaten, Armenien oder Indien).
Doch als Ministerpräsident eines Bundeslands bleiben solche Forderungen meist eben nur Forderungen – auch wenn das mit einem österreichischen Kanzler zu Gast manchmal in den Hintergrund rückt. Deswegen stellt Söder auch konkrete Pläne speziell für Bayern vor. Hier soll nach einem abgelehnten Asylverfahren oder bei Straftätern „von Geldleistungen auf Sachleistungen“ umgestellt werden, kündigt er an. Das Innenministerium werde dafür bald eine „Chip-Lösung“ vorstellen.
Neu ist die Idee, dass Geflüchtete statt Bargeld nur noch bestimmte Waren bekommen, nicht. Schon 2018 war das Wahlkampfthema. Im bayerischen Asylplan, der damals wenige Monate vor der Landtagswahl beschlossen wurde, war der Punkt „Sachmittel statt Asylgehalt“ gelistet. Jetzt soll das Konzept umgesetzt werden.
Pünktlich zum Schulstart kündigt Söder außerdem an, dass die Sprachtests für ausländische Schüler nach wie vor auf der Agenda stehen. Für die Umsetzung habe man Heinz-Peter Meidinger, den ehemaligen Vorsitzenden des Lehrerverbandes, gewonnen.
Bei so viel Zuspruch aus Bayern muss Nehammer natürlich auch etwas nettes über den Freistaat sagen. So sei Bayern „immer ein verlässlicher Partner“ gewesen, um wieder ein europäisches Problembewusstsein in der Frage der Migration zu schaffen. Die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden auch an der Grenze laufe „exzellent“ und dann ist da noch die „gute Zusammenarbeit auf der Forschungs- und Innovationsebene“, lobt Nehammer. Bei solchen Freundschaftsbekundungen geraten Unstimmigkeiten schon fast in Vergessenheit. Der seit Jahren schwelende Transit-Streit zwischen Bayern und Österreich bleibt jedenfalls unerwähnt. LEONIE HUDELMAIER