Debatte ums Bürgergeld

Ein Sozialstaat aus alter Zeit

von Redaktion

VON MIKE SCHIER

Manchmal hilft es, in aktuellen politischen Debatten einen Schritt zurückzutreten. Man erinnere sich: 2003, das Jahr der berühmten Agenda-Rede von Gerhard Schröder. Die großen Sozialreformen, inklusive Einführung des Arbeitslosengelds II – 4,4 Millionen Arbeitslose gab es damals, eine Quote von 11,6 Prozent. Viele Menschen suchten verzweifelt nach Arbeit. Existenzängste.

Und heute? Die Arbeitslosenquote beträgt noch 5,8 Prozent. An jedem Laden, jedem Supermarkt hängen Zettel, auf denen nach Mitarbeitern gesucht wird. Restaurants führen Ruhetage ein, weil sie niemanden finden, der in der Küche hilft oder das Bier serviert. Fachkräftemangel heißt das Schlagwort dieser Tage. Dabei geht es keineswegs nur um gut qualifiziertes Personal. Tatsächlich finden sich selbst für einfachste Tätigkeiten keine Bewerber. Tausende Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt.

Der Arbeitsmarkt hat sich – spätestens seit der Corona-Pandemie – komplett umgedreht. Während die Firmen reagieren und inzwischen teils freiwillig mehr als den Mindestlohn bezahlen, hängt die politische Debatte in den alten Zeiten fest. Nicht alle der noch immer 2,4 Millionen Arbeitslosen mögen arbeitsfähig sein, aber viele durchaus. Gerade unter den Jüngeren. Statt den Druck zu vergrößern, erhöht der Staat lieber das Bürgergeld. Um mehr als zwölf Prozent. Für alle, die arbeiten, steigen zugleich die Kassenbeitragssätze, auch die Bemessungsgrenzen zur Rente setzt man nach oben. Das passt nicht zusammen. Der Spruch „Leistung muss sich lohnen“ mag abgedroschen klingen. Er stimmt aber mehr denn je.

Mike.Schier@ovb.net

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