WIE ICH ES SEHE

Mein Hund darf bellen – aber nicht immer

von Redaktion

Der gewaltige Kriegsherr Wallenstein war auch im größten Schlachtgetümmel nicht zu erschrecken. Er hatte aber auch eine hochempfindliche Seite. Dazu gehörte, dass er zu bestimmten Zeiten kein Hundebellen ertragen konnte. Dann mussten in seinem sonst so wilden Lager alle Hunde zum Schweigen gebracht werden.

In unserem Wohnviertel geht es ruhiger zu als in Wallensteins Lager. Es gibt keine lärmenden Landsknechte und erst recht keine kreischenden Marketenderinnen. Dafür aber umso mehr Hunde. Schon morgens früh beim Gassigang, ob bei Regen, Schnee oder Sonnenschein, treffen wir Hundebesitzer uns im Gelände.

Mein Jack Russell Terrier ist klein unter den Hunden. Aber gerade deshalb muss sie durch Bellen darauf aufmerksam machen, dass sie auch da ist unter lauter großen Artgenossen. Wir Hundebesitzer lieben eben die Sprache unserer Vierbeiner. Wir wissen zu unterscheiden, was das Bellen bedeutet. Ein leichtes „Wuff“ heißt nur „Bitte mach die Tür auf“. Ein aufgeregtes Bellen heißt „Achtung“, da steht jemand Fremdes vor der Tür oder am Gartenzaun.

Nun aber hat ein neuer Nachbar genau Buch geführt, wann und wie lange bei uns ein kleiner Spitz-Hund bellt. Dessen Eigentümerin hat er schon beim Polizei-Verwaltungsreferat angezeigt. Der kleine Hund würde mehr bellen als erlaubt. Zwar haben die Polizeibeamten freundlich mit der Spitz-Eigentümerin geredet, aber wir Hundebesitzer sind alle doch recht erschrocken über das, was wir nun erfahren müssen.

Wie alles in unserem Land ist nämlich auch das Hundegebell juristisch geregelt. Ein Oberlandesgericht hat dazu sogar einen regelrechten „Bell-Fahrplan“ ausgetüftelt.

Danach darf der Hund in Nachbars Garten nicht länger als 30 Minuten täglich und nicht länger als zehn Minuten ununterbrochen bellen. Dazu sind „Ruhezeiten“ verordnet von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr sowie von 19.00 Uhr abends bis 08.00 Uhr morgens. In diesen sogenannten „bellfreien“ Zeiten darf der Hund im Freien überhaupt nicht bellen. An Sonn- und Feiertagen gelten noch strengere Regelungen, die sich von Region zu Region unterscheiden.

Es gehe bei der Bellregelung, heißt es im schönsten Juristendeutsch, um eine Abwägung zwischen dem Ruhebedürfnis der Nachbarschaft und dem Interesse des Tierbesitzers an der Hundehaltung. Dabei sei in einer Wohngegend wie der unseren dem Ruhebedürfnis Vorrang zu geben. Es gelte dazu der allgemeine Grundsatz, wonach es kein Recht auf Lärm, wohl aber ein Recht auf Ruhe gibt.

Die Spitz-Eigentümerin ist aber selber auch nicht auf den Mund gefallen. Im schönsten heimatlichen Dialekt hat sie den Beamten klargemacht, dass ihr Hund in den „bellfreien“ Abendzeiten als Wachhund nur deshalb bellen muss, weil der neu zugezogene Nachbar direkt vor ihrem Gartenzaun steht, um seine Bellaufzeichnungen zu machen. Nun also fehlt bei uns ein Wallenstein, der einfach Schweigen gebieten kann. So aber wird der nachbarliche Bellstreit wohl in die nächste Runde gehen müssen.

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VON DIRK IPPEN

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