Deutsche Asyldebatte

Warum Gauck Recht hat

von Redaktion

VON MIKE SCHIER

Deutschland erlebt ein Déjà-vu: Drei Jahre lang hatte die Pandemie (und nicht die damals unionsgeführte Bundesregierung) die Flüchtlingsströme reduziert – jetzt sind sie zurück. Und mit ihnen die Debatten von vor 2019, sogar mit den fast gleichen Argumenten. Grüne und SPD lehnen schärfere Grenzkontrollen – auch zu Osteuropa – ab. Die CSU, deren Chef Markus Söder das Thema wegdrücken wollte und Angela Merkel mit einem Orden dankte, fordert wieder eine Obergrenze, die nun halt Integrationsgrenze heißt. Und alle gemeinsam beschwören den „Schutz der EU-Außengrenzen“. Was das an den Stacheldrähten und auf hoher See heißt? Darüber schweigt man.

Ex-Bundespräsident Joachim Gauck hat Recht: Es gibt einen Kontrollverlust. Und es ist „moralisch nicht verwerflich“, die Migration aktiv zu begrenzen. Wer dem Demokratieverdruss im Land begegnen will, sollte sich zunächst einmal ehrlich machen: Erstens muss man nicht nur mit der Türkei oder Tunesien, sondern auch mit schwierigsten Staaten wie Libyen zusammenarbeiten. Zweitens muss man sich – natürlich – mit Giorgia Meloni arrangieren, wofür beispielsweise Söder seinen Vize Manfred Weber vor Kurzem noch öffentlich abkanzelte. Und drittens sollte man akzeptieren, dass es ohne unschöne Bilder nicht gehen wird. Hierzulande waren 2016 quasi alle froh, als die Westbalkanroute geschlossen wurde. Aber trotzdem meinte nicht nur Angela Merkel, sie müsse Viktor Orbán zum Dank noch moralisch belehren.

Einfache Lösungen gibt es nicht. Auch wenn das Tunesien-Abkommen noch nicht greift, bleibt die Strategie richtig, als EU Vereinbarungen mit Herkunfts- und Transitstaaten zu schließen. Aber auch Deutschland selbst muss endlich ein klares Signal senden, dass seine Aufnahmekapazitäten endlich sind. An die Welt, aber auch an die eigene Bevölkerung.

Mike.Schier@ovb.net

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